bezeichnet den Sachverhalt, daß bei der Reaktion auf zwei schnell aufeinanderfolgende Signale die Reaktionszeit auf das zweite Signal verlängert ist, sofern das zweite Signal noch vor Ausführung der ersten Reaktion (oder auch kurz danach) dargeboten wird . Diese Verlängerung der Reaktionszeit, ein einfacher Fall von Doppeltätigkeitsinterferenz, wurde ursprünglich in Analogie zur Refraktärperiode eines peripheren Nerven gesehen. Heute wird die psychologische Refraktärzeit generell als Hinweis auf Engpässe bei der menschlichen Informationsverarbeitung betrachtet. Unterteilt man die Prozesse der Informationsverarbeitung bei einer Reaktionszeitaufgabe grob in drei Stufen perzeptive Verarbeitung, Reaktionsauswahl und motorische Verarbeitung , so spricht alles für einen Engpaß bei der Reaktionsauswahl. Im einfachsten Fall muß die Auswahl der Reaktion auf das zweite Signal warten, bis die Auswahl der Reaktion auf das erste Signal beendet ist.
Die relativ einfache Erklärung der psychologischen Refraktärzeit durch einen Engpaß bei der Informationsverarbeitung wird durch eine Reihe von Faktoren kompliziert. Das konstante oder variable Zeitintervall (SOA: stimulus onset asynchrony) erlaubt eine Vorhersage des Zeitpunktes des zweiten Signals; Variationen in der zeitlichen Unsicherheit eines Signals beeinflussen wiederum die Reaktionszeit. Wenn die Signale in einer bestimmten Reihenfolge dargeboten werden, werden in der Regel auch die Reaktionen in einer bestimmten Reihenfolge ausgeführt. Das kann unter manchen Umständen zu einer weiteren Verlängerung der Reaktionszeit führen. (Gelegentlich wird von einem zweiten motorischen Engpaß gesprochen.) In manchen Untersuchungen wirkt das zweite Signal auch auf die Reaktionszeit auf das erste Signal. Schließlich kann unter Bedingungen hochkompatibler Signal-Reaktions-Beziehungen (z.B. Nachsprechen eines gehörten Buchstaben oder zur Position des Signals zeigen) die psychologische Refraktärzeit verschwinden.
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