das Verhältnis zu einer Sache, einer Idee, einem Menschen oder einer Gruppe. Erst in einer solchen Beziehung wird etwas für uns wichtig. Was nichts mit uns zu tun hat, existiert gleichsam gar nicht. Wenn wir uns von der Umwelt abgekapselt haben, erleben wir sie als belanglos und »beziehungslos«. Das Verhältnis kann negativ sein, bis zum Haß, oder positiv, bis zur Liebe. In einer Beziehung können auch gegensätzliche Gefühle nebeneinander bestehen (Ambivalenz). Im Verhältnis zu anderen Menschen zählt nicht nur die Beziehung, die wir zu ihnen haben, sondern auch die antwortende, die sie zu uns herstellen. In einer Gruppe bestehen die verschiedensten Kreuz und Querbeziehungen, die insgesamt das seelische Klima der Gemeinschaft bestimmen, oft neben der Beziehung, die alle Mitglieder der Gruppe zu einer gemeinsamen Sache oder zu ihrem Führerhaben. Eine zwei oder mehrseitige Beziehung scheint geradezu eine selbständige Kraft auszuströmen, die mehr oder jedenfalls etwas anderes ist als die Summe der einzelnen Beiträge. Vor allem für die Entwicklung des Kindes ist es außerordentlich wichtig, daß es sich an einem bestimmten nahen Menschen, einer »Bezugsperson« orientieren kann. Die Lehren von Vater und Mutter werden nicht deshalb aufgenommen, weil sie richtig erscheinen, sondern weil sie von einem Menschen ausgehen, von dem das Kind Liebe und Geborgenheit er wartet oder Liebesentzug und Strafe befürchtet. Die Anpassung an die Gebote und wohl noch mehr an das Vorbild der »Bezugsperson« geschieht ihr »zuliebe«. Je inniger und auch je einseitiger das Verhältnis zu einem bestimmten, einzelnen Menschen ist, desto stärker ist die Prägung. Die Tatsache, daß das Lernen auf eine solche gefühlsbestimmte Beziehung zurückgeht, wird in der modernen Schulerziehung zum Teil verkannt. Das Schulkind sieht sich heute mit mehreren Fachlehrern nebeneinander konfrontiert, die alle nur einer Sache dienen, und es kann auf keinen von ihnen die Gefühle konzentrieren, die einst dem Klassen und Universal-Lehrer gegolten haben. Überhaupt nimmt in unserer modernen Gesellschaft die Möglichkeit zu persönlichen Beziehungen ab. Im Wohnblock kennt man den Nachbarn kaum noch, im Betrieb ist das Verhältnis zu den Arbeitskollegen vor allem durch die Organisation bedingt. Im Film oder Fernsehen begegnet man nicht mehr »Menschen«, sondern nur ihren Schemen. Die Verminderung der Bezugspersonen ist eine der Ursachen für die heutige Form der Entfremdung. Um uns zu orientieren, vergleichen wir unsere Erfahrungen mit ähnlichen, ordnen sie in Kategorien ein und schaffen so ein »Bezugssystem«. Dieses Bezugssystem mag wechseln, etwa indem ein Mann eine Frau einmal als »Weib«, dann wieder als Angehörige einer Schicht, als Berufsge nossin oder in einer bestimmten Funktion einschätzt. In vielen zwischenmenschlichen Beziehungen gelten mehrere Bezugssysteme nebeneinander oder wechselnd, so in der Ehe, in der beide Partner mehrere Rollen zu spielen haben. Wertungen sind ohne Vergleiche in einem Bezugssystem kaum möglich. Der Mensch neigt dazu, alles um sich her zu sich selbst in Beziehung zu setzen, als sei er der Mittelpunkt der Welt. Mantische Praktiken wie Astrologie, Chiromantie (Handlesekunst), gewisse Grundprinzipien der Magie, der Glaube an die Schicksalsbedeutung von Zufällen und ähnliche Formen des Aberglaubens beruhen auf dem Eindruck, daß alles mit allem zusammenhängt, und auf dem Irrtum, daß alles irgendwie auf den Einzelnen zielt, der es betrachtet. Im Verkehr mit anderen Menschen sehen wir in kleinen Zeichen ihres Verhaltens den Ausdruck ihrer Beziehung zu uns, ihrer Wertschätzung oder Verachtung. Oft haben wir darin sogar recht. Aber diese Art der Beobachtung kann zum »Beziehungswahn« werden, einer seelischen Krankheit, deren Inhalt es ist, daß sich der Kranke dauernd beobachtet, ausgebeutet und verfolgt fühlt. Typisch ist der Beziehungswahn für die Paranoia oder Schizophrenie.Unter Beziehung versteht man in der Regel die Objektbeziehung, das heißt die emotionale Verbindung zwischen zwei oder mehreren Menschen. Manchmal steht «Beziehung» heute auch für enge, dauerhafte Bindung. («Du willst ja keine Beziehung zu mir, du willst nur mit mir schlafen.»)
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