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Psychologielexikon

Überarbeitete Ausgabe

Psychologielexikon

Enkopresis

Autor
Autor:
Werner Eberlein

Einkoten, wiederholtes Absetzen von Fäkalien an einem Platz, der dafür nicht vorgesehen ist (z. B. in der Kleidung oder auf dem Fußboden); dieses Verhalten kann willkürlich oder absichtlich auftreten, wobei diese Auffälligkeit mindestens einmal im Monat über einen Zeitraum von drei Monaten beobachtet werden muß. Das Kind muß mindestens vier Jahre alt sein. Man unterscheidet zwei Formen der Enkopresis: Eine Form mit und eine ohne Verstopfung und Überlaufinkontinenz. Nach einer medizinischen Untersuchung kann geklärt werden, welche Form vorliegt. Besteht eine Verstopfung, dann tritt ein kontinuierlicher Stuhlabgang auf, das heißt sowohl tagsüber als auch nachts. In der Folge davon werden nur geringe Mengen des Stuhls in die Toilette entleert, wobei sich nach einer erfolgreichen Behandlung der Verstopfung die Inkontinenz auflöst. Läßt sich organisch keine Verstopfung bestätigen, weist der Stuhlgang eher eine normale Form und Konsistenz auf. Eine Beschmutzung, zum Beispiel der Kleidung, ist nicht kontinuierlich beobachtbar. Der Kot wird an auffälligen Stellen abgelegt und in dem gezeigten Verhalten kann man durchaus eine provokative Komponente erkennen. Eine solche Reaktion kann mit einer Störung mit oppositionellen Trotzverhalten oder gestörtem Sozialverhalten (also aggressivem Verhalten) gekoppelt auftreten.

Ungefähr 1 % aller Fünfjährigen leiden unter der Enkopresis, wobei die Störung bei Jungen häufiger beobachtet wird als bei Mädchen. Die Enkopresis kann gekoppelt mit der Enuresis nocturna vorliegen und von Anfang an bestehen oder es kann als sekundäre Enkopresis, zum Beispiel nach psychosozialen Belastungen wie der Einschulung oder der Geburt eines Geschwisterkindes, auftreten. Obwohl die Enkopresis über mehrere Jahre bestehen und sich sogar verschlimmern kann, besitzt sie langfristig eine gute Prognose.

Verhaltenstherapeutisch kann man sowohl mit einem Toilettentraining als auch mit Kontingenzmanagement arbeiten, wobei man die psychosozialen Folgen der Enkopresis nicht aus den Augen verlieren darf. Kinder mit Enkopresis schämen sich in der Regel wegen ihrer Störung sehr und versuchen Situationen (wie die Schule oder einen Klassenausflug) zu vermeiden, um nicht durch ihre Störung öffentlich bloßgestellt zu werden. Bei der Behandlung muß man damit das Selbstwertgefühl der Kinder stärken, der sozialen Ablehnung durch Gleichaltrige entgegenwirken sowie die Verärgerung und die Bestrafungstendenzen der Eltern regulieren.

Literatur

Petermann, F. (Hrsg.). (1999). Lehrbuch der Klinischen Kinderpsychologie (4. völlig veränderte Auflage). Göttingen: Hogrefe.


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