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Psychologielexikon

Überarbeitete Ausgabe

Psychologielexikon

Arbeit

Autor
Autor:
Manuela Bartheim-Rixen

die planmäßige Tätigkeit zur Erzeugung, Erhaltung und Vermittlung nützlicher Dinge. Der Mensch hat die Arbeit nur unter dem Druck der Not gelernt. Ein Teil der Leistungen, die er erbringen muß, um sein Leben zu sichern, zwingt ihn zum Zusammenwirken in einer größeren Gemeinschaft. So bindet ihn die Arbeit sowohl an die Realität wie an die Mitmenschen. In seiner Arbeit kann er sich und anderen seinen Wert beweisen. In der Arbeitsgruppe kann er einen Teil seines Liebesbedürfnisses (Libido) befriedigen, aber auch aggressive Gefühle ausdrücken, zum Beispiel als Rivalität, oder direkt in den mehr körperlichen, >angreifenden< Formen der Arbeit. Frei gewählte Arbeit eröffnet Möglichkeiten der Sublimierung von Triebtendenzen. Eines der größten psychologischen Probleme der Gegenwart liegt in der Entfremdung der Arbeit durch die Technik und Organisation in der modernen Industrie und Verwaltung. Hier wird der Arbeitsprozeß so unterteilt, daß niemand eine gefühlsmäßige Beziehung zum Produkt mehr hat. Der einzige Sinn der Arbeit scheint dann in dem Entgelt zu liegen. Man wählt nicht mehr einen »Beruf«, den man als »Berufung« empfinden könnte, sondern nur noch einen »Job«, der fast beliebig gegen einen anderen austauschbar wäre. Die Gelegenheit zum körperlichen Ausarbeiten hat sich vermindert, der Zwang zur Aufmerksamkeit während eines eintönigen Arbeitstages hat sich vermehrt. Der Streß, dem man dadurch ausgesetzt ist, steigert sich durch den Mangel an gefühlsmäßiger Befriedigung. Auch die menschlichen Beziehungen zu Arbeitskollegen, Vorgesetzten und Untergebenen haben an Bedeutung erheblich verloren. Auch sie sind nun weitgehend austauschbar. Es gehört zu den Aufgaben der Betriebspsychologie, dieser Entfremdung so weit als möglich entgegenzuwirken. Da die Berufsarbeit, das Arbeitsentgelt und die Stellung im System der gesellschaftlichen Arbeitsteilung den sozialen Wert des Einzelnen weitestgehend bestimmen, sind sie zu einem zentralen Richtpunkt geworden. Viele Menschen arbeiten nicht mehr, um zu leben, sondern sie leben, um zu arbeiten. In der Arbeit betäubt man Wünsche, die sich nicht erfüllen lassen, und Sorgen, die man nicht beheben kann. Unbewußt wird der Zwang zur Arbeit geradezu als Sühne für ungehörige Begierden angenommen. Sie wird aus einem äußeren zu einem inneren Zwang. Die Freude an nützlicher Tätigkeit kann wiedergewonnen werden, wenn sich die Arbeit dem Spiel nähert, wie etwa beim Basteln in der Freizeit, bei der Arbeit im Schrebergarten oder für einen Verein. Hier wählt man die Art der Arbeit und ihr Maß selbst. Wo sich ein Mensch einer bestimmten Aufgabe verpflichtet fühlt, kann er ungeheure Leistungen mit Freude vollbringen. So wird die Arbeit auch bei gewissen seelischen Störungen als Heilmittel eingesetzt. Während eine bloße Beschäftigungstherapie einzig die Leere überdecken kann, hilft die eigentliche Arbeitstherapie ihren Patienten, ihre schöpferischen Möglichkeiten zu entwickeln, Beziehungen zu den Mitgliedern einer Arbeitsgruppe herzustellen und den eigenen Wert zu entdecken.

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