eine »innere Stimme«, die uns sagt, was wir tun sollten und was wir nicht tun dürften. Der Schweizer Volksschullehrer und Psychoanalytiker Hans Zulliger (t 1965) hat durch geduldiges Fragen ermittelt, daß Kinder ihr Gewissen wirklich mit der »Stimme« des Vaters oder der Mutter »hören«, und sich erst später diese Klangähnlichkeit verwischt. Das entspricht genau der Auffassung Freuds, der die Funktionen etwa des Gewissens von einem Über-Ich wahrgenommen sah, das sich nach dem Vorbild der Eltern bildet. Doch anders als das Gewissen, das als ständiges moralisches Bewußtsein zu wirken scheint, ist das Über-Ich als eine seelische Instanz aufzufassen, die zu einem großen Teil im Unbewußten verankert ist. Tatsächlich wissen wir sehr oft nicht, warum wir diese oder jene Gewissens-Entscheidung treffen. Wir folgen dann Vorbildern und Erfahrungen, die tief in die Kindheit zurückreichen und längst vergessen sind, aber gerade darum stärker wirken als unsere bewußten Urteile.Meist mit Über-Ich gleichgesetzt. Von manchen Autoren aber als rationale oder religiös unterbaute Grundlage der Moral von den unbewußten, oft unvernünftigen Eltern-Vorschriften, welche das Über-Ich aufbauen, abgegrenzt. Studien zur Entwicklung des Gewissens (J. Piaget) haben gezeigt, daß in einer frühen Phase (bis etwa zum siebten oder achten Lebensjahr) Kinder grundsätzlich jede Regelverletzung bestrafen wollen, während die Motive ohne Bedeutung sind (ein Kind, das eine große Vase versehentlich zerbricht, soll strenger bestraft werden als eines, das ein kleines Glas absichtlich zerbricht). Später gewinnen sie einen Begriff der Billigkeit und berücksichtigen mehr und mehr die gesamte Situation und die Motive des Regelverletzers.
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