die Einstellung auf bestimmte gegenwärtige oder erwartete Vorgänge. Nur in dieser Konzentration lassen sich Details und Zusammenhänge erfassen. Sie bedeutet zugleich eine Abblendung gegen andere mögliche Eindrücke, die dann allenfalls am Rande und unscharf wahrgenommen werden. Es gibt eine unwillkürliche und eine absichtliche Aufmerksamkeit. Auf manche Weise wird versucht, Aufmerksamkeit zu erwecken, etwa durch Warnsignale. Sehr gleichmäßige Vorgänge lassen die Aufmerksamkeit erlahmen. Sehr oft wird sie durch eine Erwartung bestimmt. Sie läßt sich durch alles Ungewöhnliche fesseln, vor allem, wenn es Ängste auslöst oder eine Befriedigung von Wünschen verspricht. Manche scheinbare Gedankenlosigkeit ist in Wahrheit eine Aufmerksamkeit auf innere Vorgänge. Der »zerstreute Professor«, der die Brille auf seiner eigenen Nase nicht sieht, ist im Gegenteil sehr konzentriert auf seine eigenen Gedanken.Aus der Fülle von Reizen, welche unsere Sinnesorgane empfangen, muß eine zweckmäßige Auswahl getroffen werden, um die menschliche Fähigkeit zur Reizaufnahme und Reizverarbeitung nicht zu überfordern. Die Aufmerksamkeit als «Wachheit des Bewußtseins» (W. Wundt) und Ausleseprinzip, das aus der natürlichen Umwelt eine psychologische macht (W. James), ordnet die Wahrnehmungen entsprechend den jeweiligen Notwendigkeiten innerer und äußerer Art. Meine Aufmerksamkeit ist während des Schreibens auf den Text gerichtet; wenn aber ein äußerer Reiz (lautes Geschrei meiner Tochter, die nebenan spielt) mich ablenkt, wende ich meine Aufmerksamkeit dieser Situation zu. In derselben Situation kann auch ein innerer Reiz (zum Beispiel Hunger) meine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Obwohl die eigentliche Aufgabe zeitweilig in den Hintergrund tritt, kehrt die Aufmerksamkeit spontan zu ihr zurück, wenn die unterbrechenden Situationen nach kürzerer oder längerer Zeit gelöst sind. Die Aufmerksamkeit wirkt wie der Lichtkegel eines Scheinwerfers, der manche Informationen anleuchtet, andere jedoch im Dunkel läßt. Gleichzeitig dient sie als Filter zwischen der Reizfülle, die uns unsere Sinnesorgane zuführen, und den begrenzten Möglichkeiten, unsere Umwelt planmäßig und zielgerecht zu verändern. Während volle Aufmerksamkeit die Denk-und Muskelleistungen in der Regel auf einem besonders hohen Niveau halten kann, greift sie in emotionale und vegetative Leistungen des Organismus eher störend ein, entsprechend der Geschichte vom Tausendfüßler, der in heillose Verwirrung geriet, als man ihn aufforderte, sich doch auf seine Beine zu konzentrieren. Gesteigerte Aufmerksamkeit auf die körperlichen Folgen sexueller Erregung kann jedoch unter Umständen zu Impotenz führen. Hier verstärkt die Aufmerksamkeit als solche offenbar die verbietenden und einschränkenden oder lei-stungsfordernden Funktionen des Über-Ich.
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