die Einstellung auf ein kommendes Ereignis. Die Erwartung einer Gefahr kann Angst oder Furcht auslösen, und in ihrem Gefolge wappnet man sich dann entweder zur tätigen Abwehr oder ergreift die Flucht. Auf Widrigkeiten, die sich nicht vermeiden lassen, kann man sich so einstellen, daß man sie nur gedämpft, wie abgestumpft, empfindet. Die Bedeutung der Erwartung wird klar, wenn man die verschiedenen Reaktionen auf eine vorhersehbare Gefahr mit dem Erlebnis eines Schrecks vergleicht, der uns unvorbereitet trifft, unsere Handlungsfähigkeit zeitweise lähmen kann und noch lange nachwirkt, ehe wir die Erfahrung verarbeitet haben. Die Erwartung einer positiven Erfahrung kann uns in eine Hochstimmung versetzen, die das Erlebnis selbst beschwingt, die aber vielleicht durch das Maß der erreichbaren Befriedigung enttäuscht wird. Die Art der Erwartung richtet sich meist nach früheren, ähnlichen Erfahrungen. Damit gehen wir oft fehl, weil uns die Erinnerung täuscht, die uns leitet, weil wir selbst uns seitdem verändert haben, und weil ein anderer Mensch, andere Umstände und andere Inhalte eben nie ganz dem Muster gleichen, nach dem wir messen. Ein zu hohes Maß der positiven Erwartung hat einen Abfall in Unlust zur Folge. Eine übertrieben negative Erwartung kann sich in eine Erwartungsangst steigern, bis man sich überhaupt nicht mehr auf Situationen einlassen will, die ein Risiko in sich bergen könnten. In gewissen sozialen Situationen wird unsere Erwartung durch Muster gesteuert, die sich an den Verlauf einer Feier, einer Gerichtsverhandlung, eines Krankenhausaufenthaltes oder dergleichen geheftet haben. Wir erwarten von einem Arzt, einem Priester, einem Künstler, daß er dem Rollen-Bild entspricht, das sich für solche Funktionen entwickelt hat. Wird diese Erwartung erfüllt, mag das eine Erleichterung in einem an sich schwierigen Verhältnis sein. Das Erlebnis eines besonderen Ablaufs, der sich ganz nach unseren persönlichen Umständen gerichtet zu haben scheint, ist zweifellos intensiver.Vorwegnahme eines Ereignisses in der Phantasie, wobei sich die Erwartungen sowohl auf das eigene Verhalten wie auf das Verhalten anderer Menschen und andere Ausschnitte der Wirklichkeit beziehen können. Da Erwartungen stark vom Über-Ich geprägt werden, ist es ein wichtiges Stück jeder psychotherapeutischen Arbeit (Psychotherapie), sie genauer kennenzulernen. Viele Menschen fühlen sich selbst wertlos (Depression) oder entwerten ihre Beziehungen und Partner, wenn diese ihren Erwartungen nicht entsprechen. Sie können sich oft nicht umstellen, wenn eine Erwartung nicht eintrifft, und fühlen sich persönlich betroffen, wenn unvorhergesehene Einflüsse eine Umstellung erfordern. Besonders schwierige Situationen können sich aus ungeklärten Erwartungen in Partnerbeziehungen ergeben, wo die Person des anderen manchmal vollkommen hinter den an sie gestellten Erwartungen verschwindet und auf diese Weise Konflikte fast unlösbar werden, weil die eigenen Erwartungen nicht als Problem erkannt werden, sondern nur die Tatsache gesehen wird, daß der Partner ihnen nicht entspricht.
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