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Psychologielexikon

Überarbeitete Ausgabe

Psychologielexikon

Reiz

Autor
Autor:
Katharina Weinberger

ist eine Beunruhigung, die ebenso von außen wie von innen, durch ein Bedürfnis, kommen kann. Auf viele Reize antwortet der Körper automatisch mit einem vorgebahnten Reflex. Oft sind die Reaktionen auch von früheren Erfahrungen und von der gesellschaftlichen Prägung bestimmt. Die Empfänglichkeit für Reize ist unterschiedlich entwickelt, und sie schwankt auch beim Einzelnen. Man kann die Aufnahmebereitschaft durch psychische Einstimmung, durch Alkohol oder Rauschgift steigern; das geht meist mit einer Abblendung für andere Reize und einer Schwächung der Hemmungen, überhaupt der Selbstkontrolle einher. Da jeder Reiz eine Beunruhigung ist, sorgt nach Freud das Lustprinzip dafür, daß nach Möglichkeit eine Störung von außen beseitigt, ein Bedürfnis von innen befriedigt wird. Die sexuellen Reize steigern sich beim Geschlechtsakt bis zum Orgasmus und erlöschen dann vorübergehend in Wunschlosigkeit. Doch ein dauerndes Nirwana wäre der Tod; der lebende Mensch sucht nach kurzer Befriedigung neue Reize. Ein jeder Reiz bedeutet zwar Spannung, doch in dieser Spannung liegt auch die Erwartungslust auf neue Befriedigung. So fühlen wir uns nicht nur von Störungen »gereizt«, sondern nennen auch das Hübsche »reizend«. In unserer modernen Welt sind wir einerseits einem Reizmangel ausgesetzt, weil unser Leben im allgemeinen sehr gleichmäßig verläuft und durch die Zivilisation fast trotthaft gebahnt wird. Deshalb suchen wir künstliche Reize, etwa im Alkohol, beim Rauchen oder gar mithilfe von Rauschgift, namentlich aber in den Illusionen, die uns die Massenmedien anbieten. Hier fallen die sehr krassen Reize mit Sex auch in den Formen der Perversion auf, die etwa als Pornographie formuliert sind, und die Erregung von Gefühlen der Grausamkeit, des Schreckens und Grauens, die eher Angst als Lust bewirken. Daran zeigt sich, wie sehr wir selbst nach solchen Reizen hungern, die wir in der Wirklichkeit eher vermeiden möchten. Dieses Verlangen nach Ersatz-Reizen steht in einem merkwürdigen Gegensatz zu der Reizüberflutung, der wir durch die Eindrücke in der Großstadt und eben durch die Massenmedien ausgesetzt sind. Die vielfältigen Reize aus Presse, Film, Fernsehen können wir nur schwer verarbeiten, weil sie diffus sind, nahezu rein passiv aufgenommen werden und kaum eine Beziehung zu unserem persönlichen Leben mehr haben. Es entsteht gleichsam eine neue Art Leere, die durch ständig neue Reize übertäubt werden soll. Dabei kommt das Bedürfnis nach Geborgenheit und Befriedigung oft zu kurz.

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