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Psychologielexikon

Überarbeitete Ausgabe

Psychologielexikon

Grauen

Autor
Autor:
Manuela Bartheim-Rixen

ein aus Angst und Ekel gemischtes Gefühl, das uns zugleich wie ein Schreck lähmt. Es ist dem Gefühl des Unheimlichen verwandt, befremdet uns aber noch mehr. Wie andere Unlust-Gefühle auch wird es gelegentlich von der Kunst oder im Unterhaltungswesen künstlich geweckt. Gerade heute scheinen Horror-Reize sogar besonders beliebt zu sein. Das Spiel mit dem Grauen entspricht den Unsicherheiten, die wir in der Welt um uns her erahnen, hilft uns aber über unsere schleichende Angst dadurch hinweg, daß sie eben als im Spiel beherrschbar dargestellt wird. Wenn wir in der Phantasie das Grauen durchleben, bauen wir es ab (Katharsis). Zu den Motiven, die ein Gefühl des Grauens hervorrufen, gehören der Tod und das Leben nach dem Tod, so die Vorstellungen von Spukgeistern oder Vampiren. Der Vampirglaube ist zugleich ein Beispiel für die gruselige Anziehungskraft, die der Gedanke an halb menschliche, halb tierische Wesen auf uns hat. Auch der Werwolf und die Sphinx erinnern uns an unsere eigenen animalischen Kräfte. Die Darstellung eines Durchbruchs ungezügelter Leidenschaften in anscheinend sinnlosen Gewalttaten oder in wüsten Formen der Sexualität erweckt ebenso Grauen. Sie aktiviert unsere meist uneingestandene Angst vor den eigenen Trieben und davor, daß wir sie vielleicht nicht unter Kontrolle halten könnten. Soweit das Grauen sexuell motiviert ist, wird es zum Teil aus jenen frühen Vorstellungen über die Geschlechter-Beziehung genährt, die zum Kastrationskomplex und Virginitäts-Tabu beigetragen haben: von der Angst des Mannes, vom Weibe »verschlungen« zu werden; oder von der Angst der Frau, vom Manne durchstoßen zu werden.

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