ein heftiges Streben oder starkes Gefühl, das einen Menschen wie ohne eigenes Zutun überkommt. Die Leidenschaft kann einen Menschen »außer sich« bringen, in eine Ekstase. Sie kann ihn wie ein Zwang, eine Sucht, ein Laster beherrschen. Sie kann ihn in eine Einseitigkeit treiben, unter der er tatsächlich leidet, und das nicht nur wegen ihrer oft schädlichen Folge. Oft kann man sich ihre Wirkung und Macht sowenig erklären wie bei einer Besessenheit. Diese Beziehung der Leidenschaft zum Leiden sowohl wie zum Gefühl eines Ausgeliefertseins wird auch in den Fremdwörtern »Passion« (Leidenschaft, Leidensweg) und »passiv« ausgedrückt. Tatsächlich gilt jede Leidenschaft nicht nur dem Ziel, auf das sie gerichtet zu sein scheint. Sie erwirbt ihre Heftigkeit aus Zusammenhängen, die nicht mehr bewußt sind, und wirkt deshalb wie eine fremde Macht. Ihr Ziel ist eine Art Ersatz für Befriedigungen, die aus irgendeinem Grunde als unerreichbar oder unzulässig gelten. Gute Beispiele dafür finden sich bei den Leidenschaften von Sammlern. Zugleich gewährt sie durch ihre Heftigkeit die Möglichkeit starken Erlebens. Noch in dem Leiden, das sie verursacht, drückt sich ein Triebbedürfnis aus, eine Art Masochismus. Sie zeigt, daß uns Reize selbst dann, wenn sie Unlust mit sich bringen, manchmal noch eher erwünscht sind als friedliche Geborgenheit und ruhige Gewohnheit.
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