entweder das Gegenteil zu »Tugend« oder die Abhängigkeit von einem bestimmten, in diesem Ausmaß verbotenen Genuß. In der Gegenüberstellung von Sparsamkeit und Geiz, von Großzügigkeit und Verschwendungssucht, von Ordnungsliebe und Pedanterie, von Fleiß und Strebertum, oder auch von Frömmigkeit und Bigotterie zeigt sich, daß eine Tugend zum Laster wird, sobald man ihr in einseitiger und übertriebener Weise nachgeht. Die wahre Tugend scheint immer auf dem »goldenen Mittelweg« zu liegen. Eine strenge Tugendlehre hat die Entsagung von allen Genüssen (Askese) gefordert, die aber auf eine Abkehr vom Leben selbst hinausläuft. Lasterhaft wird der Genuß am Alkohol, am Rauchen, am Glücksspiel oder an weniger üblichen Formen der Sexualität erst, wenn man davon abhängig wird. Man verliert dann die Freiheit, diese Dinge wirklich zu genießen, weil man ihnen nicht mehr entsagen kann. Man verkennt oder verachtet die Gefahren des Mißbrauchs und kann nicht mehr Maß halten. Das Laster ist eine Sucht, die im Grunde nie wirklich zur Befriedigung führt. In dieser Besessenheit betäubt man Konflikte. Ihre Bedeutung bekommen diese Laster nicht zuletzt aus der Tatsache, daß sie verboten sind. Sie stellen eine Rebellion gegen die Abhängigkeiten des Menschen von seiner Natur, mehr noch von seiner Einordnung in die Gesellschaft und ihre Moral dar, führen jedoch nur in einen neuen, inneren Zwang.
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