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Psychologielexikon

Überarbeitete Ausgabe

Psychologielexikon

Ekstase

Autor
Autor:
Irene Roubicek-Solms

die Verzückung. So stolz der Mensch auf sein Selbst ist, er strebt doch immer wieder danach, »außer sich« zu geraten. Er sucht den Rausch, in dem er sich vergessen kann, mit Hilfe von Alkohol oder Rauschgift; in der Hingabe an einen Führer, eine Idee oder eine Masse; in der Verzauberung durch Musik, Tanz und Riten. Doch das Vorbild jeder Ekstase ist der Orgasmus auf dem Höhepunkt eines Sexualaktes. Er wird so sehr als Auslöschung empfunden, daß man den Vollzug des Koitus als »kleinen Tod« bezeichnet hat – wie den Schlaf, den Zustand in der Hypnose oder die Ohnmacht. Neben der einsamen Ekstase wie in der Selbstbefriedigung oder der verzückten Verschmelzung eines liebenden Paares gibt es die Ekstase als Massenphänomen, das ansteckend wirken kann wie eine Epidemie. Historische Beispiele dafür sind das Flagellantentum des Mittelalters oder der Veitstanz. Dem Massenwahn, den Hitler ausgelöst hat, sind seither in kleinerem Maßstab und mit geringerer Gefahr all die Ekstasen gefolgt, die Sektenprediger, Wundermänner und sogar Rock’n-roll-Sänger anstiften können.Vom griechischen ekstasis = Heraustreten. Zustand überaus heftiger, «verzückter» Gefühle, verminderter Selbstkontrolle und oft vollständiger Beherrschung des Bewußtseins durch Einbildungen. Eine biologisch vorgegebene, relativ kurzdauernde Form der Ekstase stellt bei manchen Menschen der Orgasmus dar. In urtümlichen Religionen spielt die Ekstase eine wichtige Rolle. Voraussetzung ist vielfach ein Zustand gesteigerter Aufnahmefähigkeit für Suggestionen (Suggestibilität), der durch Tänze bis zur Erschöpfung, Übermüdung, rhythmische Reize (Trommeln), aber auch durch Rauschdrogen, meist vom Typus der Halluzinogene (Drogenabhängigkeit), erreicht wird. Dadurch treten die kritischen, am Wachbewußtsein orientierten Merkmale der Verhaltenssteuerung in den Hintergrund. Der Betroffene wird mit einer in Mythen oder Sagen überlieferten, häufig religiös verehrten Gestalt eins, verschmilzt mit ihr und ist in diesem Zustand oft erstaunlicher, bis heute in ihrem Wesen nicht durchschauter körperlicher und geistiger Leistungen fähig (zum Beispiel erhöhte Widerstandskraft gegen Hitze beim Tanz über glühende Kohlen).

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