meist ungewollte Eskalation von Konflikten, die eine zerstörerische Eigendynamik entfalten. Glasl (1997) hat ein Neun-Stufen-Modell dieses Ablaufs von Konflikten erarbeitet , bei dem die Abwärtsbewegung verdeutlichen soll, daß der Eskalationsprozeß zunehmend zu sozialen Turbulenzen führt.
Zunächst ist ein Konflikt gekennzeichnet durch beidseitige Kooperationsbemühungen bei gelegentlichem Abgleiten in Reibungen und Spannungen. Gemeinsames Handeln und Zusammenarbeit werden aber nicht grundsätzlich in Frage gestellt (Stufe 1). Wird die Situation nicht konstruktiv beendet, so erfolgt in Stufe 2 eine Polarisierung, in der egoistische Standpunkte zunehmen. Das soziale Klima ändert sich, es wird schwieriger, Reaktionen beherrscht auszuführen. Bei Gruppenkonflikten wird das Zugehörigkeitsgefühl zur eigenen Partei stärker. Gelingt keine zufriedenstellende Lösung, so eskaliert der Konflikt in Stufe 3 durch provozierende Aktionen, die die eigenen Ziele fördern und die des "Gegners" blockieren sollen. Kompetitives Verhalten überwiegt, das Hineindenken in den anderen schwindet. Bei Gruppenkonflikten nimmt der Zusammenhalt innerhalb des jeweiligen Teams zu, verbunden mit einem starken Meinungs-Konformitätsdruck.
Kennzeichnend für alle drei Stufen dieser ersten Hauptphase ist, daß die Konfliktparteien sich des Vorhandenseins von Spannungen bewußt sind, sich jedoch um eine sachgerechte, rational bestimmte Lösung bemühen. Die Standpunkte verhärten sich zwar, doch nach wie vor besteht die Bereitschaft, das Problem mit der Gegenseite zu lösen (win-win-/Gewinner-Gewinner-Strategie). Deshalb gibt es eine deutliche Blockade zum Einsatz von Druck und Gewalt.
Danach verändert sich das Verhalten qualitativ; win-lose-/Gewinner-Verlierer-Strategien beherrschen das Geschehen. Ab Stufe 4 beginnen die Beteiligten daran zu zweifeln, ob sich der Konflikt gemeinsam beilegen läßt. Es kommt zu Provokationen und Strafverhalten. Wird auch diese Phase nicht konstruktiv beendet, so schließt sich die Stufe 5 an, der Kampf mit verlorenem Gesicht. Vertrauen ist nun nicht mehr vorhanden, man schreckt auch nicht mehr davor zurück, sich wechselseitig Schaden zuzufügen. Stufe 6 wird von Drohstrategien dominiert. Die Einstellungen der Parteien verhärten sich, werden noch rigider und unnachgiebiger. Jeder strebt danach, die Gegenseite unter seine Kontrolle zu bekommen.
In der nächsten Hauptphase (lose-lose-/ Verlierer-Verlierer-Strategie), zu deren Übergang wiederum eine gewisse Hemmschwelle zu überwinden ist, steht weniger der eigene Sieg, als vielmehr die Vernichtung des Gegners im Vordergrund. Der andere soll gezielt geschädigt werden. Solche Formen der Eskalation finden sich in Betrieben seltener, da sie "von oben" autoritär entschieden werden, indem beispielsweise die beteiligten Personen ausgewechselt werden. Stufe 7 ist durch systematische Zerstörungsschläge gegen das Sanktionspotential der anderen Partei gekennzeichnet. Dies setzt sich in der Stufe 8 fort, in der gezielte Angriffe auf das "Nervensystem" des Gegners stattfinden. In Stufe 9 schließlich droht die totale Vernichtung auch um den Preis der Selbstvernichtung.
Literatur
Glasl, F. (1997). Konfliktmanagement (5. Aufl). Bern: Haupt.
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