Richard, 18691954, österreichischer Ethnologe und Soziologe. Studium der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften in Wien, 1895 Promotion in Jura, danach längerer Aufenthalt in Bosnien. Studium der Orientalistik und Völkerkunde in Berlin, 19011906 Assistent am Museum für Völkerkunde in Berlin. 19061909 Forschungsreise nach Mikronesien und Melanesien, 19121915 Expedition nach Neuguinea. 1919 Habilitation für Ethnologie und Völkerpsychologie in Halle, dort Privatdozent, ab 1923 Privatdozent in Berlin. 1923 a.o. Professor für Ethnologie, Völkerpsychologie und Soziologie in Berlin. 1931 Gastprofessor in Yale und Harvard. Ab 1935 Honorarprofessor für Ethnologie und Völkerpsychologie an der Universität Berlin. Thurnwald pflegte die Richtung einer ethnologischen Soziologie. In seinen Studien betonte er die psychische Gleichheit aller Menschen und vertrat einen funktionalistischen Ansatz. Er interessierte sich in erster Linie für die Erforschung des kulturellen Wandels, als dessen Hauptmotor er die Technik und Zivilisation betrachtete. Ein zentraler Punkt in Thurnwalds am Sozialdarwinismus orientierten Denken war die soziokulturelle Auslese, er nahm Gruppierungen vor wie das andere Geschlecht, Kinder, Geisteskranke, Kriminelle, primitive Völker. Er war Gründer der Zeitschrift für Völkerpsychologie und Soziologie (1925). Zu seinen wichtigsten Werken zählen Ethno-psychologische Studien an Südseevölkern auf dem Bismarck-Archipel und den Salomo-Inseln (1913), Psychologie des primitiven Menschen (1920), Die menschliche Gesellschaft in ihren ethno-soziologischen Grundlagen (5 Bd. 19311935) und Des Menschengeistes Erwachen, Wachsen und Irren (1951).
Literatur
Melk-Koch, M. (1989). Auf der Suche nach der menschlichen Gesellschaft: Richard Thurnwald. Berlin: Reimer.
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