die Fähigkeit des einzelnen, moralische Dilemma-Situationen zu bewerten (moralische Entwicklung). In Anlehnung an J. Piaget wurden von L. Kohlberg sechs Stufen konzeptionalisiert, denen drei Ebenen zugeordnet sind, die interkulturell relativ stabil sind. Dabei geht es nicht um den konkreten Handlungsvollzug, sondern um die innere kognitive Überzeugung. Auf der ersten Stufe gilt der Grundsatz: Der Stärkere hat recht, dann Wie du mir, so ich dir (präkonventionelle Ebene). Auf der dritten Stufe sind die Gerechtigkeitsvorstellungen der Peer-group ausschlaggebend: Man tut es, weil das eben so üblich ist, auf der vierten wird mit den Moralvorstellungen der Gesellschaft abgeglichen (konventionelle Ebene). Auf der fünften Stufe wird die gegebene Binnenmoral erstmals in Frage gestellt, der einzelne wird selbst zu einer gesetzesschaffenden Instanz (law-maker-Moral); schließlich wird die individualisierte Urteilskompetenz nach universalisierten moralischen Prinzipien ausgerichtet, z.B. Leben steht als moralisches Gut höher als Eigentum (postkonventionelle Ebene). Kohlberg hat sein Moralverständnis von vorneherein auf die Idee der Gerechtigkeit eingeengt und dabei andere Formen der Wertstrukturentwicklung, wie z.B. Solidarität, Empathie oder Vertrauen, vernachlässigt. Auch die Bedeutung psychopathologischer Entwicklung und geschlechtsspezifische Unterschiede finden wenig Berücksichtigung.
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