Die Ehe als längere Zeit (nach den Normen der christlichen Religion ein Leben lang) dauernde sexuelle Lebensgemeinschaft mit den wichtigen Aufgaben der Kindererziehung und der wechselseitig gewährten emotionalen Sicherheit ist heute ein wichtiges Aufgabenfeld psychologischer Beratung und Hilfe. Sehr viele Ehen werden geschieden, in manchen Staaten (darunter Kalifornien) bereits jede zweite, bei uns gegenwärtig mindestens jede dritte. Die Folgen sind vor allem für die Kinder oft ungünstig, denn sie müssen die Trennung der Eltern fast immer als Verlust eines Elternteils erleben. In «geglückten» Scheidungen gelingt es, das Prinzip des «kleineren Übels» fruchtbar zu machen. Kinder leiden zum Beispiel unter ständigem Streit und Unsicherheit mehr als unter der ebenfalls leidvollen Trennung. Versöhnliche Vereinbarungen sind teuer, strittige Scheidungen aber noch kostspieliger. Die Eheberatung wird leider meist nicht vorbeugend, sondern erst dann aufgesucht, wenn es in einer Ehe erhebliche Konflikte gibt. Als fruchtbar hat sich hier die Kommunikationstherapie erwiesen. Die Partner geraten oft deshalb in Streit, weil sie verschiedene Sprachen sprechen. Eine Frau hat vielleicht als Kind gelernt, Wünsche immer indirekt auszudrücken. Sie sagt: «Möchtest du ins Kino gehen?», wenn tatsächlich sie selbst gehen will; wenn der Mann dann diesen Wunsch einfach als Frage versteht und ablehnt, fühlt sich die Frau zurückgewiesen («Du schlägst mir auch immer alles ab!»). Die Eheberatung kann sich kaum zum Ziel setzen, Ehen um jeden Preis zu kitten. Manchmal ist eine vernünftige (nicht strittige, sondern mit einer Vereinbarung durchgeführte) Scheidung die beste Lösung. Das vorbeugende Verhindern bestimmter Eheschwierigkeiten wäre eine wichtige Aufgabe. Es geht hier vor allem darum, Illusionen über die Auswirkungen von Liebe auf eine Lebensgemeinschaft rechtzeitig abzubauen («Wenn wir uns lieben, darf es ja keine Schwierigkeiten geben», «Wenn wir uns lieben, müssen sich alle Probleme lösen lassen», oder sogar «darf es überhaupt keine Probleme geben»).
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