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Psychologielexikon

Überarbeitete Ausgabe

Psychologielexikon

Transformation motorische

Autor
Autor:
Julia Schneider-Ermer

die Bestimmung der räumlichen Position eines Körpergliedes, beispielsweise der Fingerspitze, durch die Gelenkwinkel, diese wiederum durch Muskelkräfte, diese wiederum durch die Muskelinnervation. Diese mechanisch und physiologisch vorgebenene Transformation muß invertiert (umgekehrt) werden, wenn Gelenkwinkel, Muskelkräfte und Muskelinnervation so ausgewählt werden sollen, daß eine gewünschte Position des Körpergliedes erreicht wird . Die Invertierung ist ein zentrales Problem der Bewegungssteuerung (Plastizität der Bewegungssteuerung, Psychomotorik). Ein formal gleichartiges Problem findet sich, wenn die eigene Bewegung durch ein Werkzeug oder eine Maschine zusätzlich transformiert wird.

Die Invertierung der Transformation, die für eine erfolgreiche Bewegungssteuerung erforderlich ist, ist ein nicht-triviales Problem. Zum einen besitzt die Eingangsgröße in aller Regel eine höhere Dimensionalität als die Ausgangsgröße; wir können zum Beispiel viele Kombinationen von Muskelkräften oder Gelenkwinkeln nutzen, um mit der Fingerspitze einen bestimmten Punkt im Raum zu erreichen. Dieser Sachverhalt wird auch als motorische Äquivalenz bezeichnet. Für eine eindeutige Bestimmung zum Beispiel der erforderlichen Muskelkräfte müssen neben der gewünschten Fingerposition zusätzliche Kriterien, etwa der Bewegungsökonomie, herangezogen werden. Im einfachsten Fall können auch einzelne Gelenke versteift werden (z.B. beim Schreiben mit der linken Hand); in anderen Fällen werden systematische Kovariationen eingeführt (z.B. beim Erreichen einer bestimmten Lippenöffnung beim Sprechen mit unterschiedlichen Kombinationen von Unterlippen- und Oberlippenpositionen).

Eine zweite Schwierigkeit bei der Invertierung der Transformation entsteht dadurch, daß sie über die Zeit nicht konstant ist. Sie verändert sich langsam im Verlauf des Körperwachstums, schneller im Verlauf einer Muskelermüdung und sehr schnell schließlich, wenn wir die Richtung einer Bewegung relativ zur Schwerkraft verändern. Die Bewegungssteuerung paßt sich an derartige Variationen in den Eigenschaften der motorischen Transformation in erstaunlich effizienter Weise an. Sogar unter den extremen Bedingungen längerer Schwerelosigkeit sind menschliche Bewegungen meist nur wenig gestört.

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