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Psychologielexikon

Überarbeitete Ausgabe

Psychologielexikon

Angewandte Psychoanalyse

Autor
Autor:
Anneliese Widmann-Kramer

Angewandte Psychoanalyse, eine Ausrichtung der Psychoanalyse, bei der die klassische Vorgehensweise, der zum größten Teil die Erkenntnisse der Psychoanalyse als klinische Theorie zu verdanken sind, in unterschiedlichem Ausmaß verlassen wird. Psychoanalyse wurde von Freud als eine Theorie, eine Methode und eine klinische Vorgehensweise bestimmt. Die klinische Vorgehensweise in Form der analytischen Einzeltherapie mit einer hohen Stundenfrequenz zeichnet sich durch die Einhaltung eines Rahmens aus, d.h. durch die zeitliche Vereinbarung einer drei- bis vierstündigen Sitzung pro Woche und die Anwendung der Grundregel in Form der freien Assoziation, d.h. der Verpflichtung des Analysanden, alles auszusprechen, was ihm an Gedanken, Erinnerungen, Phantasien, Träumen und körperlichen Empfindungen einfällt. Zwar werden weiterhin die methodischen Grundeinstellungen des Analytikers, wie teilnehmende Beobachtung, Empathie, szenisches Verstehen und Introspektion in einer methodentriangulierenden Form praktiziert, aber das jeweilige Setting ist entweder nicht mehr an die hohe Stundenfrequenz oder an die Zweiersituation der analytischen Kur gebunden, woraus sich Veränderungen im Übertragungs- und Gegenübertragungsgeschehen (Übertragung, Gegenübertragung) und im psychoanalytischen Prozeß ergeben: so bei der analytischen Gruppentherapie, der analytischen Paar- und Familientherapie in ambulanter, aber auch stationärer Form, den verschiedenen Formen der psychoanalytischen Beratung, Krisenintervention und Fokaltherapie, sowie bei psychoanalytisch orientierter Teamsupervision, Leitungs- und Organisationsberatung. Freie Assoziation des Klienten und gleichschwebende Aufmerksamkeit als Erkenntnishaltung des Analytikers sind bei den zuletzt genannten Settings nur noch in eingeschränkter Form möglich. Angewandte Psychoanalyse in einem noch weiteren Sinn ist die Übertragung psychoanalytischer Erkenntnisse und Grundhaltungen auf andere berufliche Praxisfelder, wie z.B. auf schul-, heil- und sozialpädagogische Bereiche, Literaturanalyse, Kriminologie, Politikberatung, auf das Studium fremder Ethnien, die Rekonstruktion psychohistorischer Sachverhalte.

Literatur

Körner, J. & Ludwig-Körner, Ch. (1997). Psychoanalytische Sozialpädagogik. Eine Einführung in vier Fallgeschichten. Freiburg: Lambertus.

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