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Psychologielexikon

Überarbeitete Ausgabe

Psychologielexikon

Gefangenendilemma

Autor
Autor:
Werner Eberlein

psychologisches Experiment, das v.a. in den 50er und 60er Jahren den methodischen Zugang zu Themen des Vertrauens ermöglichte: Zwei Personen werden instruiert, sich in die Lage von Gefangenen in einem Gerichtsverfahren zu versetzen, die voneinander unabhängig zu einer vermutlich gemeinsam begangenen Tat befragt werden und deren Strafmaß wechselseitig davon abhängt, ob sie sich entscheiden zu gestehen oder zu leugnen. Eine Vierfeldermatrix legt die möglichen Handlungskonsequenzen fest . Leugnen beide, so werden sie mit vergleichsweise geringen Strafen belegt. Gesteht nur einer, so geht dieser als Kronzeuge straffrei aus und der andere erhält die Höchststrafe. Gestehen beide, so erhalten sie ein gegenüber der Höchststrafe etwas gemindertes Strafmaß.

Aufbauend auf den frühen Untersuchungen von Deutsch wird Vertrauen hier derart operationalisiert, daß die Bereitschaft zur Kooperation ("Nicht-Gestehen") mit der Existenz von Vertrauen gleichgesetzt wird. Es wird das Bild eines homo oeconomicusentworfen, nach dem der Mensch bestrebt ist, aufgrund seiner Bewertung der aktuellen Situation, eine optimale strategische Entscheidung zu treffen. In der Versuchsanordnung des iterativen Gefangenendilemmas wird eine Serie solcher Spiele mit den gleichen Partnern durchgeführt, um wechselseitige Verhaltensanpassungen zu untersuchen. Die Entscheidung im Gefangenendilemma, nämlich "Nicht-Gestehen" versus "Gestehen", wird zu der Entscheidung "Kooperieren/ Vertrauen" versus "Nicht-Kooperieren/ Mißtrauen" transformiert. Die Kritik an diesem Ansatz bezieht sich v.a. auf die fiktive Spielsituation, da das experimentelle Setting zu einer De-Kontextualisierung lebensweltlicher Interaktionen führt. Überlagerungen verschiedener handlungsrelevanter Dimensionen geraten aus dem Blick. Zudem wird die Interaktion um die Historizität und zukunftsorientierte Perspektivität alltäglicher Handlungsfelder verkürzt.

Literatur

Deutsch, M. (1958). Trust and suspicion. Journal of Conflict Resolution, 2.

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