ist entsprechend der Definition von Potential die Beurteilung der Veränderbarkeit bzw. Realisierbarkeit von Qualifikationen zwischen Meßzeitpunkten . In diesem Verständnis stellt Potentialbeurteilung den Entwicklungscharakter von Qualifikationen in den Vordergrund und muß in dieser Funktion notwendigerweise Veränderungsmessung sein. Die Veränderung zwischen mindestens zwei Meßzeitpunkten drückt aus, wie es einer Person gelingt, latent vorhandene Qualifikationen in manifeste Qualifikationen umzusetzen. Veränderungsaussagen sind damit Indikatoren für das Potential einer Person. Potential kann folglich nicht adäquat über Statusdiagnostik, sondern nur über Prozeßdiagnostik erfaßt werden, in deren Mittelpunkt die Erfassung zeit- und bedingungsvariabler Komponenten des Verhaltens also gerade die Veränderung an sich steht. Der Fokus jeglicher Messung verschiebt sich in diesem Verständnis demnach von der Stabilität von Eigenschafts- und Verhaltensdimensionen zu deren Veränderbarkeit. Was in der statischen Messung als Rauschen und damit als Störvarianz bezeichnet wird, wird in der dynamischen, verlaufsorientierten Messung zur systematischen Varianz, also dem erklärten Meßziel. Damit wird ein Item im Sinne der allgemeinen Diagnostik nicht mehr als Stichprobe bzw. Indikator des aktuellen Verhaltens interpretiert, sondern als Stichprobe für Verhaltensänderungen zwischen zwei Meßzeitpunkten. Die Veränderung zwischen zwei Messungen ist der Indikator/Prädiktor für die in der Zukunft möglichen Verhaltensänderungen.
Potentialbeurteilung ist damit methodisch schwierig und höchst anspruchsvoll und "steht und fällt" mit den dazu eingesetzten diagnostischen und statistischen Verfahren und der Definition und Interpretation der Veränderungsindizes. Verfahren zur Potentialbeurteilung müßten darüber hinaus das derzeit als fast unlösbar diskutierte Problem in den Begriff bekommen, exakt und zu jedem beliebigen Zeitpunkt vorhersagen zu können, wie sich sowohl Unternehmen, die Arbeitsaufgaben und die damit verbundenen Anforderungen als auch die Menschen und ihre Qualifikationsmerkmale als auch die Umwelt von Unternehmen und Mensch verändert haben werden und das in ihrem komplexen Zusammenwirken und übersetzt in einer Sprache, die aufeinander beziehbar ist (Breisig & Schulze, 1998, S. 38). Diagnostische Verfahren die in diesem Zusammenhang diskutiert werden, sind zum einen biographische Verfahren, die klassischerweise retrospektiv ausgerichtet sind sowie verhaltensorientierte Verfahren, zu denen das Assessment Center (AC) gehört, das sowohl passiv beobachtend als auch interventiv Verhaltensänderungen provozierend eingesetzt werden kann. Vor allem das dynamische AC mit dem intendierten Meßziel der Veränderungsmessung wird im Zusammenhang der Potentialbeurteilung diskutiert.
Literatur
Breisig, T. & Schulze, H. (1998). Das mitbestimmte Assessment Center. Arbeits- und Sozialrecht, Band 46. Baden-Baden: Nomos.
Trauernicht, K. (2001). Potentialbeurteilung im dynamischen Assessment Center. Dissertation an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg (Disputation am 26.01.2001 danach Veröffentlichung).
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