soviel wie »Verflechtung«. In der allgemeinen Psychologie bezeichnet das Wort das Miteinander verschiedener Sinneseindrücke oder Vorstellungen in einem Gesamterlebnis, das als Ganzheit aufgenommen wird. Der Bezug verschiedener Eindrücke und Vorstellungen aufeinander stellt Assoziationen her. Von einem Glied eines solchen Komplexes können anhand dieser Verbindungslinien die Beziehungen zu seinen anderen Inhalten hergestellt werden. Die Tiefenpsychologie versteht unter einem Komplex das sozusagen festgefrorene Ergebnis eines Konfliktes zwischen Triebwünschen und Hemmungen in einer bestimmten Situation der Kindheitsgeschichte. Typisch ist etwa die Oedipus-Situation des Knaben. In ihr streitet sich die sinnliche Liebe zur Mutter und die Rivali täts-Spannung gegenüber dem Vater mit dem Verbot, das die Erziehung und letztlich die Kultur setzt (vgl. Inzest), und auch der Liebe zum Vater und der Abhängigkeit von seinem Schutz. Dieser Konflikt wird nicht eigentlich gelöst; das Kind weicht ihm vielmehr aus, es verdrängt die widersprüchlichen Regungen, die nun im Unbewußten weiter wirken. Nun erst sind sie zu einem Komplex verknotet. Weil sie im Unbewußten abgekapselt sind, entziehen sie sich der Kontrolle durch den Verstand und der überlegten Entscheidung. Sie bleiben von dem Wandel der äußeren Umstände und sogar der persönlichen Reifung unbeeinflußt. Der Komplex steuert das Verhalten und Empfinden immer noch so, wie er sich in der Ursprungssituation ergeben hatte. Er ist ein infantiles Relikt. Er ließe sich nicht dadurch lösen, daß man die Hemmungen durchbricht, die seinerzeit den Trieb aufgestaut hatten. Denn auch sie entsprechen einem inneren Bedürfnis, dem nach Schutz in der Anpassung. Überwinden läßt sich der Komplex nur, wenn alle Seiten des Konfliktes neu bedacht werden, so daß eine freie Entscheidung zwischen Gewährung und bewußtem Verzicht im Lichte der neuen, realen Situation getroffen werden kann. Auch andere Konstellationen wie der Elektra-Komplex oder der Minderwertigkeits-Komplex im Sinne von Alfred Adler sind als fest-gestellte Entwicklungskonflikte zu verstehen. Die formelhaften Bezeichnungen sind insoweit berechtigt, als ähnliche Konflikte in nahezu jeder Lebensgeschichte auftreten. Aber es hängt von den ganz besonderen Umständen ab, wie leicht oder schwer sie sich auswirken. Selbst scheinbar nebensächliche Erlebnisse gehen in den individuellen Komplex ein. Er wird zu einem wesentlichen Element des Charakters. Da die Komplexe aber zur Geschichte der eigenen Persönlichkeit gehören, soll man sie nicht ausrotten wollen, was ohnedies nicht gelänge, sondern sich »mit ihnen ins Benehmen setzen«, wie Freud einmal sagte, das heißt: sie soweit gewähren lassen, wie sie als Erfahrung ein Recht darauf haben, und sie soweit beherrschen, daß sie keinen Zwang mehr ausüben.Gebilde stark mit Gefühlen und Triebwünschen besetzter, verdrängter Vorstellungen, das im Unterbewußten weiterwirkt und den Verlauf freier Einfälle, Träume und Phantasien gestaltet. Der Ausdruck stammt von CG. Jung und wird in der Tiefenpsychologie viel verwendet. Minderwertigkeitskomplex, Ödipuskomplex.
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