eine interdisziplinäre Naturwissenschaft, mit Verhaltensbiologie und Psychologie als wichtigsten Teildisziplinen, die darauf abzielt, Verhalten von Tier und Mensch exakt zu beschreiben, in seinen Zusammenhängen und Ursachen zu analysieren, in seiner Entwicklung zu erklären und dann auf der Grundlage gesicherter Erkenntnisse Verhaltenswirkungen voraussagen zu können. Der Verhaltensbegriff der Psychobiologie ist sehr weit. Zentral ist der Gesichtspunkt, welche Funktionen das Verhalten erfüllen kann, und darüber hinaus, wem diese Funktionen dienen dem Individuum, der Gruppe oder der Art. Die Verhaltensweisen lassen sich im allgemeinen den Funktionen Erhaltung und Fortpflanzung zuordnen. Der Erhaltung werden Verhaltensweisen der Nahrungsaufnahme, des Schutzes vor Feinden und des Zusammenlebens zugeordnet. Beim Fortpflanzungsverhalten treten Verhaltensweisen der Paarsuche, der Werbung, der Begattung und der Aufzucht von Nachkommen auf. Die Verhaltensmerkmale bei Mensch und Tier sind das Ergebnis biologischer Evolution, die sich im Verlauf der unterschiedlichen Stammesgeschichte durch Anpassung an die jeweilige Umwelt entwickelt haben. Die Psychobiologie untersucht hier den Einfluß des Erbgutes und der Umwelt, d.h. die biologischen und soziokulturellen Faktoren der Entwicklung von Verhalten.
Die Psychobiologie sieht das menschliche Verhalten wie alle Eigenschaften lebender Organismen (Lebende Systeme) als Ergebnis der Evolution, das sich jedoch auf der Grundlage einer ganz besonderen, durch natürliche Selektion hervorgebrachten Eigenschaftskonstellation zunehmend von den natürlichen Evolutionsmechanismen gelöst hat. Ihren Grundgesetzen bleibt es aber dennoch unterworfen. Insofern sind Biologie und Psychologie einander notwendig ergänzende Disziplinen bei der Beschreibung menschlichen Verhaltens.
Der wissenschaftliche Verhaltensbegriff (Verhalten) ist durch einseitig orientierte Richtungen (Behaviorismus) in einen schlechten Ruf geraten. Der funktionale Verhaltensbegriff der Psychobiologie muß sich gegen den Vorwurf des "Biologismus" verteidigen, Verhalten vorwiegend als Ergebnis genetischer Programme zur Befriedigung biologischer Grundbedürfnisse (Hunger, Schlaf, Fortpflanzung) zu betrachten. Die interdisziplinäre Vorgehensweise die Verbindung biologischer und psychologischer, aber auch anthropologischer und soziologischer Erkenntnisse scheint hierfür eine wichtige Voraussetzung für eine reflektierte Sicht des Verhaltens zu sein (Ethologie, Soziobiologie, Biologische Psychologie).
Literatur
Immelmann, K., Scherer, K. R., Vogel, Ch. & Schmoock, P. (Hrsg.). (1988). Psychobiologie. Grundlagen des Verhaltens. Stuttgart: G. Fischer, Weinheim: Psychogie Verlags Union.
Das freie Lexikon der Psychologie. Fundierte Informationen zu allen Fachgebieten der Psychologie, für Wissenschaftler, Studenten, Praktiker & alle Interessierten. Professionell dargeboten und kostenlos zugängig.
PsychologielexikonModernes Studium der Psychologie sollte allen zugängig gemacht werden.