Begriff aus der systemischen Therapie. Gemeint sind Beziehungsübereinkünfte (ungeschriebene Gesetze) in sozialen Systemen, über die sich beobachtbare Verhaltensredundanzen beschreiben lassen. Zu unterscheiden ist zwischen expliziten und impliziten (unausgesprochenen) Regeln sowie zwischen Regeln 1. Ordnung, die beobachtbares Verhalten beschreiben, und Regeln 2. Ordnung. Die Regelebene 2. Ordnung zeigt sich erst, wenn eine Regel 1. Ordnung hinterfragt wird: Erst wenn die 15jährige Tochter nicht das Wochenende mit der Familie verbringen will (Regel Wir sind am Wochenende immer zusammen), zeigt sich, ob die Familie über eine Metaregel verfügt, die die Veränderung von Regeln erlaubt. Krisen in Systemen berühren immer diese Ebene. Es kommt zu einer Labilisierung des Systems mit Tendenzen, zurück in den Status Quo zu gehen oder neue Regeln zu entwickeln. Aufgabe des Therapeuten in einer Krise sollte es daher nicht sein, diese zu beenden, sondern sie zu erlauben und der Familie zu helfen, sie zu gestalten. Schließlich: Generationenübergreifende Regeln bilden die Matrix, über die in einer Familie über lange Zeit hinweg bestimmte Wirklichkeitsbeschreibungen aufrechterhalten werden. Aus ihnen können sich explizite Regeln ableiten. Beispiel: Die generationenübergreifende implizite Regel "Frauen sind stärker als Männer, aber sie dürfen es nicht zeigen" führt zu expliziten Regeln wie: "Papa muß in Ruhe gelassen werden."
Literatur
Simon, F. B., Clement, U. & Stierlin, H. (1999). Die Sprache der Familientherapie. Ein Vokabular. Stuttgart: Klett.
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