Ainsworth, Mary D. Salter, 1913-1999, eine der einflußreichsten Entwicklungspsychologinnen unseres Jahrhunderts, hat Leitgedanken Bowlbys weiterverarbeitet. In Kanada geboren und aufgewachsen, stellte Ainsworth nach ihrer Dissertation (1939, Toronto) ihre bekannte Typologie des Bindungsverhaltens (Bindungsforschung) auf (unsicher-vermeidend vs. sicher vs. unsicher-ambivalent). Nach der Übersiedlung nach London (1950) begann die lebenslange Zusammenarbeit mit dem Kinderpsychiater John Bowlby. Angeregt durch seine Arbeiten zum verheerenden Einfluß längerfristiger Trennung der in Krankenhäusern befindlichen Kleinkinder von ihren Müttern führte sie in Kampala, Uganda, eine der ersten wissenschaftlichen Längsschnittstudien zur Mutter-Kind-Interaktion im ersten Lebensjahr durch. Seit 1955 in Baltimore, befaßte sie sich mit weiteren Projekten der klinischen Kinderpsychologie (z.B. ab 1962 die bekannte Baltimore study of infant-caregiver attachment, die zu einem globalen Umdenken bzgl. der Elternrolle führte). Es gelang ihr, aufzuzeigen, daß die Bindungstypen im weiteren Verlauf des Lebens recht stabil bleiben, ein Befund der seitdem vielfach untermauert worden ist. Trotz der Vorbehalte einer Übertragung tierexperimenteller Befunde auf den Humanfall scheinen prägungsartige Prozesse bei der Entstehung früher Bindungsmuster auch beim Menschen von Bedeutung zu sein. Früheste soziale Erfahrungen des Kleinkinds, d.h. An- oder Abwesenheit einer Pflegeperson, die ihm Stimulation bzw. die Befriedigung seiner Bedürfnisse garantieren kann, beeinflussen offenbar die Sozialentwicklung in starkem Maße. Nicht zuletzt massiv angeregt durch Mary Ainsworth ist daher die Diskussion der frühen Mutter-Kind-Interaktion in vollem Gange. Auch nach ihrer Emeritierung (1984) blieb sie wissenschaftlich bis 1992 aktiv. Ainsworth verstarb nach längerer Krankheit 1999.
Literatur
Flammer, A. (1988) Entwicklungstheorien. Psychologische Theorien der menschlichen Entwicklung. Bern: Hans Huber.
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