berufliche Sozialisation, der Prozeß der Aneignung von Fähigkeiten, Kenntnissen, Motiven, Orientierungen und Deutungsmustern, die sich in der Arbeitstätigkeit einsetzen lassen. Allgemeiner ausgedrückt und etwas weiter gefaßt: die Entwicklung psychologischer Merkmale einer Person in der Arbeits-, durch die Arbeits- und für die Arbeitstätigkeit. Es werden häufig (wenngleich keine allzu starken) Zusammenhänge zwischen Merkmalen der Arbeit und Merkmalen von Personen gefunden. Es stellt sich die Frage, ob die Arbeit die Personen geprägt hat (Sozialisation) oder sich die Personen die jeweils zu ihnen passende Arbeit ausgesucht haben bzw. ob sie dafür ausgesucht wurden (Selektion, Berufseignungsdiagnostik). Haben die Personen bestimmte Persönlichkeitseigenschaften, weil sie in dem Beruf arbeiten - oder arbeiten die Personen in dem Beruf, weil sie bestimmte Perönlichkeitseigenschaften haben? Insgesamt ist wohl davon auszugehen, daß sowohl Sozialisations- als auch Selektionseffekte stattfinden und die Selektionseffekte stärker als die Sozialisationseffekte sind. Wobei "hinter" den Selektionseffekten wiederum frühere Sozialisationseffekte stehen können ("vorberufliche Sozialisation"), da Erziehungsprozesse in Familie und Schule nicht zuletzt auch den Vorbereitungen auf die später möglich scheinenden Berufsrollen sind. Außerdem sind Sozialisation und Selektion wechselseitig voneinander abhängig. Denn Sozialisationsdruck entsteht nicht automatisch, sondern nur dort, wo Inkongruenz zwischen den Merkmalen der beruflichen Situation und der Person besteht und die Weiterentwicklung der Person verlangt.
Literatur
Semmer, N. & Udris, I. (1993). Bedeutung und Wirkung von Arbeit. In H. Schuler (Hrsg.), Lehrbuch Organisationspsychologie. Bern: Huber.
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