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Psychologielexikon

Überarbeitete Ausgabe

Psychologielexikon

Effektivitätsstudien

Autor
Autor:
Sonja Margarethe Amstetter

empirische Untersuchungen, deren Ziel in der Klinischen Psychologie die Überprüfung der Psychotherapie-Wirkung ist. Da Psychotherapie ein Gebiet ist, das in seiner Vielfältigkeit nur schwer erfaßbar und operationalisierbar ist, müssen Effektivitätsstudien einen hohen Standard ansetzen, um valide und verallgemeinbare Ergebnisse zu erzielen:

1) Kontrolliertes Untersuchungsdesign: Die an der Studie teilnehmenden Patienten müssen eine Symptomatik aufweisen, die "behandlungsbedürftigen Charakter" hat (d.h. tatsächliches Leiden und eine Behinderung des alltäglichen Lebensvollzuges verursacht) und vor Beginn der Untersuchung mittels standardisierter klinischer Diagnosesysteme erfaßt wurde (Klinische Diagnostik). In die Untersuchung muß mindestens eine klinische Kontrollgruppe (Stichprobe mit einer anderen Störungsform) oder eine "normale" Kontrollgruppe (Stichprobe ohne Symptomatik) einbezogen werden. Die therapeutischen Interventionen, die in der Studie zur Anwendung kommen, müssen "reale Therapien" sein und von in diesem Therapiebereich erfahrenen Therapeuten durchgeführt werden. Diese Therapeuten sind aus der Auswertung der Ergebnisse auszuschließen.

2) Multimethodale Messung: Die Wirkungen der einzelnen therapeutischen Bedingungen müssen mit mehreren Meßmethoden (bspw. mehreren Fragebögen) erfaßt werden. Sinn und Zweck dieser Vorgabe ist es, mehrere Aspekte der Symptomatik zu erfassen, die u.U. von der therapeutischen Intervention beeinflußt wurden, und zusätzlich den Grad der Beeinflussung zu ermitteln.

3) Mehrere Meßzeitpunkte: In der Regel wird es nötig sein, die Stichproben an drei Meßzeitpunkten zu untersuchen: vor Beginn der Intervention, nach deren Beendigung und mindestens einmal während der Intervention. Rahmenvariablen sind immer zusätzlich zu erfassen. Wenn sich bspw. bei einem Patienten, während er sich in Therapie befindet, ein Todesfall ereignet, kann es durchaus sein, daß sich die Therapie nicht so effektiv auf ihn auswirkt, oder es kommt zu einem Rückfall. Andererseits können therapeutische Erfolge auch auf andere Faktoren als die Therapie selbst zurückgeführt werden (bspw. kann sich ein beruflicher Aufstieg positiv auf die Symptomatik auswirken). Als vierter Meßzeitpunkt ist ein sogenanntes Follow-up (bspw. 6 Monate nach Beendigung der Therapie) anzusetzen.

Das Ziel "Erfassung der globalen Wirksamkeit von therapeutischen Interventionen" steht im Gegensatz zu sogenannten Prozeßstudien, die sich nicht auf globale Aussagen allein beschränken, sondern an den Veränderungsmechanismen, die das Geschehen in der Psychotherapie bedingen, interessiert sind (welche speziellen Variablen rufen welche therapeutische Wirkung hervor?). Dabei wird sowohl das therapeutische Verhalten als auch das Verhalten des Klienten und deren Interaktion dokumentiert und ausgewertet. Die Analyseeinheiten können verschieden groß gewählt werden (ganze Therapiesitzung vs. sekundenlange Interaktionssequenzen).

Effektivitätsstudien gewinnen auch deshalb immer mehr an Bedeutung, weil einerseits nachgewiesene Wirksamkeit ein Kriterium von Psychotherapie sein sollte und dies auch seitens der Krankenkassen verlangt wird, andererseits tragen sie zur - vom Gesetzgeber vorgeschriebenen - Qualitätssicherung bei.

Literatur

Bergin, A.E. & Garfield, S.L. (1994). Handbook of psychotherapy and behavior change (4. Aufl.). New York: Wiley & Sons.

Grawe, K. (1998). Psychologische Therapie. Göttingen: Hogrefe.


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