Neben den auf die jeweilige Situation bezogenen Seiten von Verhaltensweisen gibt es in ihnen auch einen mehr oder weniger beständigen, zielorientierten Anteil, den man im Begriff der Eigenschaft zu isolieren sucht. G.W. Allport hat etwa 4500 Wörter der englischen Sprache gesammelt, welche solche Eigenschaften angeben; eine ähnliche Materialsammlung wurde schon früher durch L. Kla-ges in Deutschland durchgeführt. Dieser bemühte sich auch, Eigenschaften über die reine Beschreibung (beharrlich, flatterhaft, willensstark, geduldig...) hinaus zu analysieren. Einen ersten Ansatz liefert dabei die Bestimmung von Verhältnissen. Klages bestimmt etwa die Willenserregbarkeit als Verhältnis zwischen Triebkraft einerseits, Widerstand andererseits, oder die Gefühlserregbarkeit als Verhältnis zwischen Gefühlslebhaftigkeit und Gefühlstiefe. Dieses schematische, aber die Möglichkeiten der Beschreibung erweiternde Verfahren wurde von Ph. Lersch weiter ausgebaut, der zwischen Leistungseigenschaften (wie Intelligenzgrad), Verhaltenseigenschaften (wie Ausdauer) und Wesenseigenschaften (wie Güte) unterschied. Auch hier lassen sich wertende Gesichtspunkte ebensowenig verkennen wie die unbefriedigende wissenschaftliche Aufschlüsselung. In der heute vorherrschenden empirischen Eigenschaftsforschung wird vor allem mit den Mitteln der Faktorenanalyse gearbeitet. Man prüft verschiedene Gruppen von Menschen mit einer Reihe von Tests und berechnet dann, ob sich Korrelationen zwischen den Testergebnissen auf gemeinsame Grundlagen (Faktoren) zurückführen lassen. Einen anderen Zugangsweg eröffnet die Psychoanalyse, welche die Entstehungsgeschichte von Eigenschaften und ihren Zusammenhang mit bestimmten Grundkonflikten der Kindheit aufzudecken sucht. Ein frühes Beispiel dafür ist die Trias (Dreiheit) der Eigenschaften Geiz, Pedanterie und Ordnungssinn für den analen Charakter.
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