gemäß der gängigen Klassifikationssysteme DSM-IV und ICD-10 durch eine spezifische Kombination überdauernder dysfunktionaler Wahrnehmens-, Beziehungs- und Denkmuster mit Krankheitswert charakterisiert, insofern diese unflexibel, unangepaßt, situativ generalisiert sind und eine wesentliche Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit darstellen oder subjektive Beschwerden verursachen. Der Begriff "Persönlichkeitsstörung" entstammt historisch der psychopathologischen Einteilung psychiatrischer Störungen, die meist seit dem Kindes- und Jugendalter bestehen, aber in der Regel erst im Erwachsenenalter diagnostiziert werden (Psychopathologie). Differentialdiagnostisch müssen sie von den durch externe Faktoren (Extrembelastungen oder Residualzustände) hervorgerufenen Persönlichkeitsänderungen unterschieden werden, die im ICD-10 und DSM-IV leicht unterschiedlich konzeptualisiert werden. Im folgenden sind die konzeptuell an die ICD-10 angenäherten spezifischen Persönlichkeitsstörungen des DSM-IV kurz charakterisiert. Aufgrund ihrer nosologischen Verwandtschaft sind sie in drei Hauptgruppen unterteilt: 1) In der Hauptgruppe A finden sich die sonderbaren oder exzentrischen Persönlichkeitsstörungen: die durch Mißtrauen geprägte paranoide, die mit sozialer Gleichgültigkeit charakterisierte schizoide und die durch Eigentümlichkeiten des Erlebens- und Verhaltens ausgezeichnete schizotypische Persönlichkeitsstörung. 2) Die Hauptgruppe B bezeichnet die dramatischen, emotionalen bzw. launischen Persönlichkeitsstörungen: die überhebliche und zugleich kritikunverträgliche narzißtische, die geltungsbedürftige histrionische, die verantwortungslose antisoziale und die instabile Borderline-Persönlichkeitsstörung (sowie im Anhang, zu Forschungszwecken, die pessimistische depressive Persönlichkeitsstörung). 3) Hauptgruppe C der ängstlichen und furchtsamen Persönlichkeitsstörungen beinhaltet die durch Inferioritätsgefühle bestimmte selbstunsichere, die durch Unselbständigkeit gekennzeichnete dependente und die mittels Perfektionismus charakterisierbare zwanghafte Persönlichkeitsstörung(Zwangsstörungen) und zudem die im Anhang genannte passiv-aggressive mit Negativismus behaftete Persönlichkeitsstörung.
Im DSM und der ICD werden Persönlichkeitsstörungen im Sinne eines Prototypenansatzes klassifiziert . Die Kategorien sind dabei polythetischer Natur (nur ein Teil der Kriterien muß für die Diagnosestellung zutreffen) und sehen den häufigen Fall vor, daß bei einer Person mehrere Persönlichkeitsstörungen (Komorbidität) diagnostiziert werden. Dies steht im Widerspruch zu monothetischen Klassifikationen und wird häufig u.a. als Indiz für mangelnde Reliabilität und Validität der gegenwärtigen Klassifikation von Persönlichkeitsstörungen gesehen. Zudem finden sich nicht selten Kriterienüberlappungen innerhalb der Persönlichkeitsstörungen, die die Differentialdiagnostik erschweren und damit den Trend zu Mehrfachdiagnosen von Persönlichkeitsstörungen im Sinne einer inneren Komorbidität erhöhen. Diese Probleme der Klassifikationssysteme wie des DSM-III-R bzw. DSM-IV leiten sich also aus dem klassifikatorischen Konzept ab und dessen Annäherung an dimensionale Ansätze durch den Prototypenansatz mit dem Ziel der Verbesserung von Reliabilität und Validität, von Standards dimensionaler, faktorenanalytischer Modelle also. Dies geschieht auf dem Wege der Konsensbildung in Expertenkommissionen und nicht mittels der dafür vorgesehenen multivariaten Statistik. Daraus ergeben sich eine Fülle von reliablilitäts- und validitätsmindernden Aspekten, die zu einer eingeschränkten Brauchbarkeit solcher veralteter, wenn auch populärer Diagnosekonzeptionen führt.
Literatur
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Fiedler, P. (1997). Persönlichkeitsstörungen. (3. akt. Auflage). Weinheim: Psychologie Verlags Union.
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