die Fähigkeit zur Erkenntnis der Realität, inbesondere im Gegensatz zur Abhängigkeit vom Wunschdenken oder zur Verhaftung an Tabus und Vorurteile. Das Wort hat mit »vernehmen« = wahrnehmen zu tun; es bezeichnet aber nun auch die Einsicht in Zusammenhänge. So unterscheidet sich Vernunft von einer einseitig ausgerichteten, zum Beispiel rein technischen, Intelligenz. Die Vernunft weiß, daß das menschliche Leben nicht allein auf materiellen Nutzen abgestellt ist, sondern von Bedürfnissen mitbestimmt wird, die sich logisch nicht einordnen ließen. Die Vernunft mißtraut allen Denksystemen, die eine glatte Ordnung vortäuschen, und sie kennt die Widersprüchlichkeiten der wirklichen Welt. Sie wird kein einzelnes Ziel verfolgen, um andere Werte zu vernachlässigen, sondern einen immer neuen Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Lebensinteressen suchen. Sie wird die Unsi cherheit des Urteils und die Unberechenbarkeit des Schicksals nicht vergessen, aber aus dem Zweifel auch nicht in einen Wahnglauben flüchten. Nahezu alle großen Denker sind sich einig darin, wie schwer es den Menschen fällt, Vernunft zu erlangen und zu bewahren. Sosehr sie auch Stückwerk sein mag, so gilt doch Freuds Wort: »Es gibt keine höhere Instanz als die Vernunft.«Philosophischer Begriff, gleichbedeutend mit Einsicht.
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