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Psychologielexikon

Überarbeitete Ausgabe

Psychologielexikon

Arbeitswissenschaft

Autor
Autor:
Katharina Weinberger

Arbeitswissenschaft, interdisziplinäres Fachgebiet zur wissenschaftlichen Erforschung der menschlichen Arbeit und ihrer Bedingungen mit dem Ziel, daß die arbeitenden Menschen in produktiven und effizienten Arbeitsprozessen schädigungslose, ausführbare, erträgliche und beeinträchtigungsfreie Arbeitsbedingungen vorfinden. Seit Mitte des letzten Jahrhunderts können viele Aktivitäten in verschiedenen Ländern beobachtet werden, die eine wissenschaftliche Betrachtung menschlicher Arbeit zum Gegenstand hatten. In den verschiedenen Ländern Europas und in den USA entstand so ein Wissenschaftsgebiet, das heute im deutschsprachigen Raum unter dem Begriff "Arbeitswissenschaft" zusammengefaßt wird. Im Angloamerikanischen bürgerte sich dafür die Bezeichnung "human factors" bzw. "human engineering" ein, speziell im europäischen Raum nach einem Vorschlag von Murrell von 1949 auch "ergonomics" (aus den altgriechischen Worten ergon = Arbeit; und nomos = Gesetz, Gesetzmäßigkeit). Arbeitswissenschaft ist die Systematik der Analyse, Ordnung und Gestaltung der technischen, organisatorischen und sozialen Bedingungen von Arbeitsprozessen mit dem Ziel, daß die arbeitenden Menschen in produktiven und effizienten Arbeitsprozessen schädigungslose, ausführbare und beeinträchtigungsfreie Arbeitsbedingungen vorfinden, Standards sozialer Angemessenheit nach Arbeitsinhalt, Arbeitsanalyse, Arbeitsumgebung sowie Entlohnung und Kooperation erfüllt sehen, Handlungsspielräume entfalten, Fähigkeiten erwerben und in Kooperation mit anderen ihre Persönlichkeit erhalten und entwickeln können. Arbeitswissenschaft ist eine multidisziplinäre Wissenschaft, die ihr Grundwissen aus den Bereichen der Humanwissenschaften, den Ingenieurswissenschaften und den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften bezieht. Sie umfaßt zunächst die Bereiche Arbeitsmedizin, Arbeitspsychologie, Arbeitspädagogik, Arbeitstechnologie und Arbeitsrecht sowie Betriebssoziologie. Jedes dieser Gebiete beschäftigt sich aus seiner Blickrichtung mit der menschlichen Arbeit und stellt damit eine der jeweiligen Aspektwissenschaften dar. Im Hinblick auf die praktische Anwendbarkeit wird dieses Grundwissen in sog. Praxeologien zusammengefaßt. Die mehr sozialwissenschaftlich orientierte davon ist die Arbeits- und Organisationslehre (Arbeitsorganisationslehre, "macro ergonomics"), die Regeln für die Gestaltung von Organisation, Betriebs- und Arbeitsgruppen bereitstellt; die mehr ingenieursmäßig orientierte ist die Ergonomie ("micro ergonomics"), deren Ziel es ist, Regeln für die technische Gestaltung von Arbeitsplätzen und Arbeitsmitteln zu geben ( Abb. 1).

In beiden Fällen ist der spezielle Fokus der Forschung auf den individuellen Menschen und sein Erleben der Situation am Arbeitsplatz gerichtet. Hinsichtlich des Begriffs der Arbeit müssen dabei zwei Ansichten unterschieden werden: die Arbeit im ursprünglichen subjektbezogenen Sinne als Anstrengung (mittelhochdeutsch "arebeit = Mühsal, Not) und die Arbeit im objektbezogenen Sinne des "Werks" als Produktion von Gütern und Dienstleistungen. Letzteres kann auch als eine durch den individuellen Leistungseinsatz bewirkte Erzeugung von Information erachtet werden, was dem in der wirtschaftswissenschaftlichen Terminologie verwendeten Begriff der "Wertschöpfung" entspricht. Die Zielrichtung arbeitswissenschaftlich-ergonomischen Strebens ist demnach, die subjektbezogene Last der Arbeit zu reduzieren und zugleich die objektbezogene Leistung bei der Erstellung des Werks zu verbessern. Die individuelle Leistung des Menschen bei der Ausführung seiner Arbeit wird dabei als durch die äußeren Bedingungen (external performance shaping factors), d.h. den sachlichen Leistungsvoraussetzungen, und durch interne Bedingungen (internal performance shaping factors), d.h. die jeweiligen menschlichen Leistungsvoraussetzungen, beeinflußt (Abb. 2). Es ist eine Aufgabe des Managements, durch die Gestaltung der äußeren Bedingungen die Voraussetzungen für einen optimalen Leistungseinsatz des Menschen zu schaffen. So wird die Verbindung zwischen den Bereichen Mikro- und Makroergonomie hergestellt.

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