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Psychologielexikon

Überarbeitete Ausgabe

Psychologielexikon

Chatten

Autor
Autor:
Manuela Bartheim-Rixen

Chatten, zwischenmenschlicher Austausch per Chat (zwangloses Gespräch, Plauderei), die wichtigste Form der zeitgleichen (synchronen) computervermittelten Kommunikation. Bei der Chat-Kommunikation erscheinen die Tastatureingaben unmittelbar am Monitor der Gegenseite, so daß man sich zur selben Zeit am Rechner befinden und sehr rasch reagieren muß. Im Vergleich zur zeitversetzten E-Mail-Kommunikation, die sich im Berufs- und Privatleben stark etabliert hat, kommt dem Chatten eine geringere Bedeutung zu. Daß zum Chatten immer ein gemeinsamer Termin gefunden werden muß bzw. man sich bei spontanen Chat-Anfragen oft gestört fühlt, ist gegenüber E-Mail ein gravierender Nachteil. Hinzu kommt der Chat-typische, sehr rasche und verknappte Kommunikationsverlauf. Blitzschnelles Lesen und Tippen sind notwendig, da Verzögerungspausen in diesem schriftlichen Dialog kaum tolerierbar sind. Die Unmittelbarkeit, Dynamik und Spontaneität des Chat-Austauschs wird dadurch erkauft, daß man sich auf relativ einfache Kommunikationsinhalte beschränken muß: Typischerweise sind Äußerungen beim Chat ein- bis zweizeilig.

Privater Chat findet oft zwischen Personen statt, die sich gerade in einem Chat-Forum kennengelernt haben und beispielsweise für persönliche Gespräche oder Cybersex Privatheit benötigen. Im Rahmen etablierter Netzbeziehungen, die maßgeblich auf E-Mail-Kontakten beruhen, wird nicht selten ergänzend auf das Chatten zurückgegriffen, um durch die gleichzeitige Netzpräsenz ein besonderes Gefühl von Nähe herzustellen. (Im internationalen Austausch ist das Chatten zudem wesentlich kostengünstiger als das Telefonieren.) Mit Personen, die man bereits Face-to-Face kennt, in einen E-Mail oder Chat-Kontakt einzutreten heißt nicht selten, zusätzliche Facetten der betreffenden Person kennenzulernen, da die Optionen des Mediums Veränderungen hinsichtlich der sonst gewohnten Zeitpunkte, Formen und Inhalte der Kommunikation erlauben. Es gibt Netzprogramme, die unmittelbar anzeigen, daß eine Person gerade online gegangen und somit prinzipiell per Chat erreichbar ist. Solche Programme zu nutzen kann im beruflichen Kontext das Zusammengehörigkeitsgefühl virtueller Gruppen stärken. Auch wenn man geografisch verteilt arbeitet, sind Kolleginnen und Kollegen somit virtuell präsent und kurze Begrüßungs- und Verabschiedungsrituale stärken den Zusammenhalt. Da Chat-Dienste ebenso wie E-Mail-Dienste digital sind, erlauben sie zunehmend komfortabler neben dem Austausch von Textbotschaften auch das Verschicken von Dateien aller Art (z.B. Grafiken, Programme). Dies erleichtert die Tele-Kooperation, schafft aber auch neue Sicherheitsprobleme (z.B. Übertragung von Computerviren). Um Aussagen über psychosoziale Besonderheiten der Chat-Kommunikation zu treffen ist es also notwendig, die konkreten Nutzungskontexte zu beachten. Pauschalaussagen über eine generelle Oberflächlichkeit oder Anonymität beim Chatten stellen keine angemessene Gegenstandsbeschreibung dar.

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