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Psychologielexikon

Überarbeitete Ausgabe

Psychologielexikon

Death Education

Autor
Autor:
Anneliese Widmann-Kramer

ein wegen seiner Mißverständlichkeit unglücklich gewählter Begriff, der sich aber gleichwohl im englischen Sprachraum etabliert hat. Death Education bezeichnet alle planvollen und zielgerichteten Veranstaltungen, die den Teilnehmern Kenntnisse über die Todesthematik vermitteln und/oder ihren Umgang mit Sterben, Tod und Trauer(n) durch Abbau von Ängsten erleichtern (sollen). Insofern ist Death Education ein wichtiges Anwendungsgebiet der Thanatopsychologie, und sie kann auch als Bestandteil der Sterbebegleitung im weiteren Sinne aufgefaßt werden. Death Education wendet sich zum einen an Personen, die beruflich von der Todesthematik betroffen sind (z.B. Ärzte, Pflegepersonal, Priester), sie wird zum anderen aber auch von Personen ohne professionellen Bezug zur Todesthematik (z.B. Studenten) gleichsam zum persönlichen Gebrauch in Anspruch genommen. In den USA ist Death Education seit geraumer Zeit selbstverständlicher Bestandteil der Lehrpläne von Schulen und Hochschulen.

Man kann zwei Arten von Ausbildungsprogrammen zur Todesthematik unterscheiden.

1) Kurse, die Kenntnisse vermitteln (kognitiver Aspekt), informieren u.a. über den Verlauf des Sterbeprozesses, über intrapsychische Anpassungsprozesse bei Sterbenden, Angehörigen und Helfern sowie über Erscheinungsformen der Trauer anhand von Literatur, Vorträgen und audio-visuellen Materialien.

2) Erfahrungsbezogene Kurse (affektiver Aspekt) zielen darauf ab, den Teilnehmern ihre Ängste mit Blick auf ihr eigenes Sterben und ihren eigenen Tod bewußt zu machen und Möglichkeiten der Bewältigung dieser Ängste aufzuzeigen. Dieser Zielsetzung entsprechend werden als didaktische Methoden neben moderierten Gruppendiskussionen und Rollenspielen auch Filme mit Selbstberichten unheilbar Kranker, der Besuch eines Friedhofs, das Verfassen der eigenen Todesanzeige u.ä. eingesetzt.

Veranstaltungen der Death Education können grundsätzlich folgende Wirkungen haben:

- einen Zuwachs an Kenntnissen und eine differenziertere Sichtweise (kognitiver Bereich);

- einen gelasseneren oder auch aufgeregteren Umgang mit der Todesthematik (affektiver Bereich);

- erhöhte Kongruenz von verbalem und non-verbalem Verhalten bei der Begegnung mit einem unheilbar Kranken (Bereich des manifesten Verhaltens);

- Veränderung grundlegender Überzeugungen und Werthaltungen (Bereich der Persönlichkeit insgesamt).

Untersuchungen zu den (kurzfristigen) Effekten von Death Education-Kursen haben in erster Linie die Frage im Auge, ob die Kursteilnahme eine Verminderung der Angst vor Sterben und/oder Tod bewirkt. Die Befundlage ist uneinheitlich sowohl mit Blick auf einzelne Studien als auch mit Blick auf Metaanalysen. Durlak und Riesenberg (1991) fanden bei einer Metaanalyse von 47 Studien mäßige bis große Effektstärken im kognitiven Bereich, geringe Effektstärken im affektiven Bereich und im Bereich der Persönlichkeit sowie mäßige bis große Effektstärken im Bereich des manifesten Verhaltens. Ferner zeigte sich, daß die Angst vor Sterben und Tod durch kenntnisvermittelnde Kurse erhöht, durch erfahrungsbezogene Kurse hingegen vermindert wurde. Im Gegensatz dazu ergab die Metaanalyse von 62 Studien, die Maglio und Robinson (1994) vornahmen, daß Death Education-Kurse die Angst der Teilnehmer vor Sterben und Tod generell erhöhen. Dabei wirken kenntnisvermittelnde Kurse stärker angstinduzierend als erfahrungsbezogene Kurse. Die Frage dauerhafter langfristiger Wirkungen von Death Education-Kursen ist derzeit noch weitgehend offen.

Literatur

Durlak, J. A. & Riesenberg, L. A. (1991). The impact of death education. Death Studies, 15, 39-58.

Maglio, C. J. & Robinson, S. E. (1994). The effects of death education on death anxiety: A meta-analysis. Omega: Journal of Death and Dying, 29, 319-335.

Wittkowski, J. (1999). Umgang mit Sterben und Tod: Wie lassen sich die Ergebnisse der Grundlagenforschung in der Praxis umsetzen? Report Psychologie, 24, 114-120.


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