aviation psychology, Bezeichnung für Angewandte Psychologie in allen Bereichen der zivilen und militärischen Luftfahrt: Flugbetrieb, Flugsicherung, Konstruktion und Wartung von Flugzeugen. Die fünf Hauptfelder der Luftfahrtpsychologie sind Anthropotechnik (z.B. Gestaltung der Mensch-Maschine-Schnittstelle, Informationsmanagement als Entscheidungs-vorbereitung, Studien zur Arbeitsbelastung), Auswahl von operationellem Luftfahrtpersonal (z.B. Eignungsauswahl von Piloten oder Fluglotsen mittels speziell entwickelter Tests u.a. für Mehrfacharbeit), Training (z.B. Crew Resource Management Training zur Optimierung der Teamarbeit im Cockpit oder bei der Flugsicherung: Kommunikation, Kooperation, Führung/Management, Situationsbewußtsein, Entscheidungsverhalten), Klinische Psychologie (z.B. Streßbewältigung, Behandlung von Posttraumatischen Streß-Erkrankungen, Krisenmanagement), Unfallforschung und -verhütung (z.B. Analyse der am Unfallgeschehen beteiligten Humanfaktoren und Erarbeitung von Verhütungsmaßnahmen).
Die größten Anwendungsgebiete der Luftfahrtpsychologie sind Personalauswahl und Training. Bahnbrechende Validitätsuntersuchungen haben im 2. Weltkrieg an Flugschülern des US Army Air Corps nachweisen können, daß anders als medizinische oder schulische Kriterien nur die Ergebnisse psychologischer Leistungstests in der Lage waren, das erfolgreiche Bestehen der fliegerischen Ausbildung vorauszusagen. Dieser Befund ist mehrfach (auch in der zivilen Luftfahrt) bestätigt worden. Für die spätere Berufsbewährung als Pilot werden auch Persönlichkeitsfaktoren bedeutsam. Psychologische Eignungskriterien sind mittlerweile in verschiedenen amtlichen Lizensierungsrichtlinien verankert. Die europäischen Joint Aviation Requirements (JAR) weisen folgende Eignungsmerkmale für Pilotenbewerber aus: 1) operationelle Grundfähigkeiten: logisches Denken, Rechenfertigkeit, Merkfähigkeit, Konzentration, Wahrnehmung, Raumvorstellung, psychomotorische Koordination und Mehrfacharbeitsfähigkeit. 2) Persönlichkeitsfaktoren: Arbeitsmotivation, Entscheidungsfähigkeit, Soziale Kompetenz, Emotionale Belastbarkeit.
Als Bestandteil der Verkehrsflugzeugführerausbildung und Inübunghaltung ist der Erwerb nicht-technischer Fertigkeiten durch die JAR zwingend vorgeschrieben: 1) theoretische Basisunterweisung in Human Performance und Limitations (HDL); 2) praktische Übung von Multi Crew Coordination (MCC) mit eindeutiger Festlegung der Verantwortlichkeiten im Cockpit; 3) Crew Resource Management Training. 4) Übertragung der gelernten Prinzipien der Teamkooperation und der strukturierten Entscheidungsfindung in die Lösung fliegerisch-operationeller Probleme bei Simulatorflügen.
Grundlegende Erkenntnisse der Psychologie zur menschlichen Leistungsfähigkeit, zur Kommunikation und Interaktion, zu Führung wie Entscheidungsfindung (Entscheidung) werden in diese Trainings eingearbeitet und auf die fliegerische Betätigung übertragen. Die hier beschriebenen Prinzipien von Auswahl und Training sind in abgewandelter Form auch auf andere operationelle Berufe in der Luft- und Raumfahrt übertragen worden (insbesondere Fluglotsen und Astronauten; Raumfahrtpsychologie). Konsequente Auswahl- und Trainingsmaßnahmen sind wichtige Bausteine der Sicherheitskultur von Luftfahrtorganisationen.
In Deutschland beschäftigen sich institutionell die Abteilung Luft- und Raumfahrtpsychologie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Hamburg sowie die Abteilung Flugpsychologie des Flugmedizinischen Instituts der Luftwaffe in Fürstenfeldbruck mit Fragen der Luftfahrtpsychologie. Luftfahrtpsychologen in Europa sind organisiert in der European Association for Aviation Psychology (EAAP), die Fortbildungskurse in "Human Factors in Aviation" und alle zwei Jahre einen Kongreß organisiert (gerade Jahreszahl). Ebenfalls alle zwei Jahre (ungerade Jahreszahl) wird das weltgrößte "International Symposium on Aviation Psychology" von der Ohio State University in Columbus, Ohio (USA) durchgeführt. Hier kommen neben Psychologen auch Piloten, Fluglotsen, Behördenvertreter, Hersteller von Luftfahrtgerät u.a. zusammen.
Literatur
Goeters, K.M. (1998). Aviation Psychology: A science and a profession. Aldershot: Ashgate.
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