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Psychologielexikon

Überarbeitete Ausgabe

Psychologielexikon

Lynchen

Autor
Autor:
Werner Eberlein

die grausame Bestrafung eines vermeintlichen Missetäters ohne Verhandlung, entweder durch einen selbsternannten Richter oder durch eine aufgebrachte Masse. Ähnlich wie Selbstjustiz und Faustrecht gewährt das Lynchen eine gewisse Befriedigung, weil damit auf die Umständlichkeiten des Rechtswesens verzichtet wird. Die Wut auf den Missetäter kann sofort in die Lust an seiner Bestrafung ausschlagen. Die Gefahr, daß man einen Unschuldigen mißhandelt oder tötet, wird daneben gering geachtet. Es ist ein Verbrechen gegen die Gesetze der Gemeinschaft begangen worden, das den verbrecherischen Wünschen derer entspricht, die sie nicht zu verwirklichen wagen. Mit der wirklichen Schuld soll auch die Gedankenschuld der Mitmenschen getilgt werden, und das kann an einem Sündenbock, den man für schuldig erklärt, geradeso geschehen wie am wirklichen Täter. Das Lynchen als Massenjustiz setzt zugleich Strebungen frei, die eben nur in der Masse, ohne persönliche Verantwortung, ausgedrückt werden dürfen.

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