Alexander, 19081982, studierte in München Geschichte, Philosophie und Kunstgeschichte, dann in Prag und Berlin Medizin. In Berlin eröffnete er eine Buchhandlung, die von den Nationalsozialisten geschlossen wurde. Er flüchtete in die Schweiz, wurde bei einer Wiedereinreise 1937 festgenommen und konnte nach einer achtmonatigen Gestapohaft dann sein Medizinstudium in Heidelberg fortsetzen. Er promovierte 1941, absolvierte bei Victor von Weizäcker die Ausbildung zum Neurologen und habilitierte sich 1946 mit einer Arbeit zur Trinksucht. Anfang der fünfziger Jahre erhielt er in London die Ausbildung zum Psychoanalytiker und war dann bis 1967 zuletzt als Leiter an der Psychosomatischen Klinik der Universität Heidelberg tätig. Im gleichen Jahr wurde er Leiter des Sigmund-Freud-Instituts in Frankfurt und erhielt einen Lehrstuhl an der Philosophischen Fakultät der Universität. Seine sozialkritischen Arbeiten, insbesondere über die psychologischen Ursachen und Folgen des Nationalsozialismus, ließen ihn zu einem der Begründer der Friedensforschung werden. In seinen Werken untersuchte er die Grauen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft und die psychischen Verwüstungen, die sie bei Opfern und Tätern anrichtete. Als Folge dieser psychischen Schäden hat nach Mitscherlich eine ganze Generation wichtige Bereiche ihres Lebens verdrängt und eine kollektive Neurose entwickelt. Ihm ist es außerdem vor allem zu verdanken, daß die Psychoanalyse nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland wieder an Stellenwert gewann und außerhalb des therapeutischen Bereichs als Sozialwissenschaft Anerkennung fand. Er verfaßte zahlreiche Werke, die sich aus der Sicht der klassischen Psychoanalyse mit gesellschaftlichen Phänomenen befaßten und förderte eine psychoanalytische Kulturtheorie und Sozialpsychologie. 1969 erhielt er zusammen mit seiner Frau, Margarete Mitscherlich, den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.
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