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Psychologielexikon

Überarbeitete Ausgabe

Psychologielexikon

Mobbing

Autor
Autor:
Anneliese Widmann-Kramer

ein aus dem Wort "Mob" (der Pöbel) abgeleiteter und aus der Ethologie entlehnter Begriff, wonach einzelne Personen in ihrer sozialen Gruppe ausgegrenzt, schikaniert und terrorisiert werden. Dieses Phänomen findet sich in verschiedenen Kontexten, u.a. am Arbeitsplatz oder in Gefängnissen. Besonders intensiv wurde Mobbing in Schulklassen untersucht, wo es als Bullying bezeichnet wurde; ähnliche Phänomene wurden auch unter dem Stichwort "Scapegoating" in Therapiegruppen oder in Sportteams beschrieben. Mobbing wird von kleineren Streitereien und punktuellen Gewaltausbrüchen dadurch abgegrenzt, daß die Angriffe wiederholt und über einen längeren Zeitraum hinweg in der Absicht erfolgen müssen, dem Opfer Schaden beizufügen. Mobbing kann dabei von einer oder von mehreren Personen durchgeführt werden, und es richtet sich typischerweise auf ein Opfer, das sich nicht wehren kann (Stärkeungleichgewicht ). Schließlich kann Mobbing sowohl direkte Formen annehmen – wie etwa Drohungen oder köperliche Angriffe – sowie indirekte Formen wie etwa Ausschluß aus der sozialen Gruppe. Mobbing ist weit verbreitet: So findet sich in (nahezu) jeder Schulklasse mindestens ein Opfer, und jeder vierte wird im Laufe seines Berufslebens Opfer von Mobbing am Arbeitsplatz. Hierbei sind männliche Personen ebenso häufig betroffen wie weibliche. Männliche Opfer werden vorwiegend von männlichen Tätern angegriffen, weibliche Opfer auch von Täterinnen attackiert.

Wer aktiv Mobbing betreibt (die Mobber), zeichnet sich durch ein erhöhtes Maß an Aggressivität aus und zeigt überzufällig häufig kriminelles Verhalten. Mobber suchen sich ihre Opfer nicht zufällig, sondern konzentrieren ihre Angriffe auf eine kleine Minderheit der jeweiligen sozialen Gruppe, die ein leichtes Ziel für Angriffe ist. Opfer von Mobbern sind häufig schwach, weichen von den anderen hinsichtlich der physischen Erscheinung ab und werden in ihrer eigenen Bezugsgruppe abgelehnt, womit ihnen soziale Unterstützung bei den Angriffen fehlt. Abgelehnt werden sie insbesondere dann, wenn ihnen die Bezugsgruppe Verantwortung für die Abweichung zuschreibt. Auch Umgebungsfaktoren spielen eine Rolle. So kommt Mobbing in solchen Betrieben weniger vor, in denen Meinungsverschiedenheiten durch Aussprachen und Verhandlungen gelöst werden, während in Betrieben mit viel Mobbing eher Positionsmacht und Befehle eingesetzt werden. Mobbing-Erfahrungen haben schwerwiegende Konsequenzen (Posttraumatisches Streßsyndrom). Mittlerweile gibt es für Betroffene eine Reihe von medizinischen und rechtlichen Hilfen, und es haben sich in vielen größeren Städten Selbsthilfegruppen gebildet.

Literatur

Leymann, H. (1996). (Hrsg.). Der neue Mobbing-Bericht: Erfahrungen und Initiativen, Auswege und Hilfsangebote. Hamburg: Rowohlt.

Schuster, B. (1997). Außenseiter in der Schule: Prävalenz von Viktimisierung und Zusammenhang mit sozialem Status. Zeitschrift für Sozialpsychologie, 28, 251-264.


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