die engste tägliche Umgebung des privaten Lebens. Sie beeinflußt die Gefühle, Haltungen und Handlungen auf mancherlei Weise. In erbärmlichen Wohnungen könnte eine Ehe sich nicht gut entwickeln, könnten Kinder kaum seelisch gesund heranwachsen. »Mit einer Wohnung kann man einen Menschen geradeso erschlagen wie mit einer Axt«, schrieb der Zeichner des Berliner Hinterhof-Milieus Heinrich Zille. Es macht einen Unterschied, ob jeder einen Winkel hat, in den er sich als in seine Intimsphäre zurückziehen kann, oder ob man ständig beieinanderhocken muß. Eine Wohnung in einem Haus und einer Gegend mit eigentümlichen Eigenschaften wird eher als Heimat empfunden als eine »Zelle« in einer rein technisch be stimmten »Wohnmaschine«. Möbel und anderes Inventar, das irgendwie dem eigenen Geschmack entspricht und Erinnerungen weckt, schenken eher Geborgenheit als eine noch so zweckmäßige Dutzend-Einrichtung. Man muß sich »einwohnen«; ein Hotel-Zimmer bleibt immer kahl und kalt. Am Ende spiegelt die Wohnung das Wesen ihrer Bewohner. Alle Wohnungen stammen letztlich von den Höhlen ab, in die sich die ersten Menschen vor der Unwirtlichkeit ihrer natürlichen Umwelt zurückzogen. Sie alle sind zugleich Symbole der Geborgenheit, die das ungeborene Kind im Mutterleib genoß, und sie alle bleiben hinter diesem Ideal mehr oder weniger weit zurück.
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