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Psychologielexikon

Überarbeitete Ausgabe

Psychologielexikon

Abwehrmechanismus

Autor
Autor:
Julia Schneider-Ermer

Vorgang, durch den das Ich zeitweise oder dauernd seelische Inhalte abwehrt, die mit Angst besetzt sind: Triebwünsche aus dem Es, aber auch Ansprüche des Über-Ich, der Gewissensinstanz. Der wichtigste Abwehrmechanismus ist die Verdrängung, durch die ein seelischer Inhalt vom Bewußtsein ausgeschlossen wird.

Diesen Verdrängungsprozeß hat bereits F. Nietzsche beschrieben: «Das habe ich getan, sagt mein Gedächtnis. Das kann ich nicht getan haben, sagt mein Stolz. Endlich gibt das Gedächtnis nach.» Der «Stolz», von dem hier die Verdrängung ausgeht, entspricht in der psychoanalytischen Ausdrucksweise dem Ich-Ideal, den positiven Aspekten der Eltern-Vorbilder, die während der Kindheit in den seelischen Apparat aufgenommen werden.

Die Verdrängung ist an sich ein normaler seelischer Vorgang, der in unserem Leben immer dann in Aktion tritt, wenn soziale Einschränkungen so übermächtig werden, daß innere Widersprüche gegen sie nicht mehr bewußt verarbeitet und verurteilt werden können, sondern schon vor dem Eintritt ins Bewußtsein erledigt werden müssen, weil sie auch in der abgeschwächten Form des bewußten Vor-Überlegens bereits zu bedrohlich erscheinen. Das ist vor allem in der Kindheit der Fall, in der zum Beispiel feindselige Regungen gegen die schützenden Eltern verdrängt werden müssen.

Erst eine Verdrängung, die wegen besonders ungünstiger innerer oder äußerer Einflüsse (hohe Triebstärke oder starke Einschränkungen durch die Eltern bis zur «Gedankenkontrolle») nicht gelingt, kann zu krankhaften Erscheinungen führen: Eine Frau entwickelt beispielsweise eine neurotische Lähmung eines Beines, weil es ihr nicht gelingt, allein durch psychische Verdrängung eines sexuellen Wunsches nach ihrem Schwager Herr zu werden. Die Lähmung nun zieht so viel Aufmerksamkeit auf sich, daß die Verdrängung des sexuellen Wunsches aufrechterhalten werden kann. Weitere Abwehrmechanismen, die teils neben der Verdrängung, teils dann auftreten, wenn die Verdrängung allein nicht ausreicht, sind die Projektion, die Isolierung, die Reaktionsbildung, die Rationalisierung, die Verneinung, die Identifizierung mit dem Angreifer und die Sublimierung.

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