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Psychologielexikon

Überarbeitete Ausgabe

Psychologielexikon

Gedächtnis

Autor
Autor:
Katharina Weinberger

Die Fähigkeit, Erfahrungen und Kenntnisse zu behalten und sich bei Bedarf wieder an sie zu erinnern. Physiologisch ist das Gedächtnis von der Funktion bestimmter Gehirnzellen abhängig, in die sich wahrscheinlich die Gedächtnisinhalte »eingeprägt« haben (Engramme). Erfahrungen prägen sich je nach ihrer augenblicklichen Bedeutung ein, und besonders dann, wenn sie mit der Befriedigung oder der Versagung von Wünschen oder aber mit einer Angst vor Gefahren zu tun haben. Dennoch ist die Erinnerung daran nicht immer ohne weiteres verfügbar. Wir vergessen Unannehmlichkeiten und Peinlichkeiten, indem wir sie ins Unbewußte verdrängen. Daß die Erinnerung daran nicht verschwunden ist, zeigt ihr Aufsteigen in Träumen, Fehlleistungen und Symptomen, in denen sie sich bis zur Unkenntlichkeit getarnt haben. Mit den Methoden der Psychoanalyse kann man sie wieder ins Bewußtsein heben. Diese Amnesie (Gedächtnisschwund) beeinträchtigt auch die Verfügungsgewalt über Kenntnisse, wenn sie in irgendwie unangenehme Zusammenhänge gehören. So entfallen uns vorübergehend durchaus geläufige Eigennamen, die an eine peinliche Assoziationskette geknüpft sind. An einer solchen Kette können wir sie auch wieder hervorholen. Ganz allgemein sind unsere Gedächtnis-Inhalte nach Assoziations-Zusammenhängen aufbewahrt. Man kann das unmittelbar erleben, wenn man zum Beispiel in ein Land kommt, dessen Sprache man einmal gelernt, seitdem kaum gebraucht und scheinbar wieder »vergessen« hat; zuerst stottert man sich zurecht, aber im täglichen Umgang mit dieser Sprache fallen einem allmählich hunderte von Vokabeln ein, als hätten sie nur darauf gewartet, wieder aufgerufen zu werden. Als »Gedächtnisstützen« werden die Assoziationsketten in der »Mnemotechnik« bewußt ausgenutzt. Das geht bis zu den sogenannten Eselsbrücken, Gedächtnishilfen nach Art der Kalauer. Aber das planmäßige Lernen ist auch von äußeren Bedingungen abhängig, so von der Zahl der Wiederholungen und deren zeitlicher Verteilung.

Eine spezielle Lernpsychologie hat als erster Hermann Ebbinghaus (+1909) entwickelt. Es zeigte sich, daß es »Gedächtnis-Typen« gibt; den akustischen, der am besten behält, was er hört; den visuellen, der am besten mit dem Gesichtssinn aufnimmt; und den motorischen, der in der Bewegung lernt. Auch kommen spezielle Begabungen für das Behalten von Namen, von Vokabeln, von Zahlen usw. vor. Am dauerhaftesten sind die Erfahrungen und Kenntnisse, die in der Kindheit aufgenommen werden. Die Schnelligkeit der Aufnahme ist am größten im Schulalter. Mit den höheren Lebensjahren nimmt das Ge dächtnis ab, und zwar vor allem das »Kurzzeit-Gedächtnis« für Dinge aus der allernächsten Vergangenheit, während das »Langzeit-Gedächtnis« für alte Erinnerungen eher zu steigen scheint. Hier ist die Leistung also wieder deutlich von Wünschen mitbestimmt. Ihren Einfluß auf die Erinnerung hat lange vor Freud, aber durchaus schon in seinem Sinne, Friedrich Nietzsche bekannt: »Das habe ich getan, sagt mein Gedächtnis-Speicher eines Lebewesens, aus dem es Nachrichten über vergangene Ereignisse gewinnt. Schon sehr niedere Tiere (auch Plattwürmer) haben ein Gedächtnis und können damit lernen. Dabei ist die chemische Grundlage des Gedächtnisses jener der Vererbung ähnlich, also der von Generation zu Generation weitergegebenen Nachrichten (Informationen). Eine Gedächtnisleistung oder eine Erbinformation ist chemisch eine bestimmte Aneinanderlagerung von Eiweißmolekülen (Ribonukleinsäuren). Das Kurzzeitgedächtnis scheint auf elektrischen Vorgängen im Gehirn (in der Art von Schwingkreisen?) zu beruhen. Es kann durch einen Elektroschock oder eine heftige emotionale Erschütterung ausgelöscht werden. Beim Langzeitgedächtnis (ab 24 Stunden) ist das nicht mehr der Fall. Die Gedächtnisleistung des Menschen ist außerordentlich groß, wobei viele Inhalte freilich nicht mehr wiedergegeben (reproduziert), sondern nur wiedererkannt werden können, oder nur in Träumen wiedererscheinen. Die Speicherkapazität des Gehirns läßt weit höhere Gedächtnisleistungen zu, als sie vom Menschen in der Regel erreicht werden.

Globale Charakteristik

Das Gedächtnis ist das komplexeste psychische Gebilde und Medium für alle psychischen Phänomene. Es ist Voraussetzung jeder Orientierungsleistung und steuert das Verhalten. Das Gedächtnis ist kein passiver Wissensspeicher, sondern in permanenter Veränderung und Selbstorganisation begriffen: Information aus der Umwelt und dem Organismus selbst wird in Abhängigkeit vom externen Kontext und der Befindlichkeit des Organismus (interner Kontext) aufgenommen, verarbeitet, gespeichert und kann zu einem späteren Zeitpunkt anforderungs- und bedürfnisabhängig erinnert, modifiziert oder zur Erzeugung neuer Information genutzt werden. Das Gedächtnis ist eine Leistung des Gehirns (Zentralnervensystem) und damit der experimentellen Forschung zugänglich. Es läßt sich als Struktur und als Prozeß kennzeichnen. Beide Aspekte sind untrennbar miteinander verbunden. Gedächtnis als Struktur oder mentale Repräsentationumfaßt Wissen über Fakten, über kognitive Operationen und Prozesse sowie über Fertigkeiten. Derartige mentale Repräsentationen sind multidimensional und werden über Lernprozesse unterschiedlicher Spezifik aufgebaut. Gedächtnis als Prozeß thematisiert, welche Mechanismen dem Aufbau, der Stabilisierung und der Nutzung mentaler Repräsentationen zugrundeliegen (Informationsverarbeitung).

Herangehensweise

Die erste systematische Analyse des Gedächtnisses geht auf Aristoteles zurück (Assoziationsgesetze). Die ersten experimentellen Gedächtnisstudien stammen von Hermann Ebbinghaus (1885) und thematisieren das assoziative, verbale Lernen (Vergessenskurve, Ersparnismethode, Gedächtnismethoden). Während Ebbinghaus den Einfluß des Vorwissens durch Verwendung sinnfreien Lernmaterials minimieren wollte, hob Bartlett (1932) die entscheidende Rolle von Vorwissen (Schemata) und Inferenzen für Erinnerungsleistungen hervor. Diese Sichtweise dominiert in der modernen Gedächtnispsychologie. Als theoretische Rahmenvorstellung fungiert seit Beginn der siebziger Jahre das Informationsverarbeitungsparadigma. Untersuchungsziel ist die Entwicklung einer funktionsorientierten Architektur des Gedächtnisses. Dazu wird das Phänomen Gedächtnis in basale Prozesse - wie Encodierung, Speicherung, Abruf - oder in unterscheidbare Teilsysteme - z.B. Arbeits- und Langzeitgedächtnis - gegliedert.

Verschiedene Wissenschaftsdisziplinen sind an diesen Untersuchungen beteiligt, wobei zunehmend mehrere Beschreibungsebenen ineinander greifen: Die Kognitive Psychologie leitet aus Verhaltensdaten Aussagen über Struktur- und Funktionsprinzipien des Gedächtnisses ab. Die Informatik entwickelt formale Modelle und Computersimulationen zur Beschreibung komplexer Wissensstrukturen und der über diesen Strukturen ablaufenden Prozesse. Die Neurowissenschaften (Neuropsychologie, Neuroanatomie, Neurobiologie, Neurophysiologie) analysieren die neuronale Basis von Lern- und Gedächtnisphänomenen. Angestrebt ist eine integrative Theoriebildung, die allerdings noch in fernerer Zukunft liegt. Es klafft z.B. eine Lücke zwischen formalen Lösungsansätzen der Informatik/Künstlichen Intelligenz und der beim Menschen real ablaufenden kognitiven Prozesse. Die Analyse zellulärer Mechanismen, die Gedächtnisspuren erzeugen, und die Aufklärung neurochemischer Prozesse der Erregungsentstehung und -weiterleitung sind bisher auf einfache Lebewesen beschränkt. Offen ist, ob die gefundenen Prinzipien auf Systeme höherer Komplexität übertragbar sind und welche zusätzlichen Funktionsprinzipien relevant werden (Zusammenarbeit neuronaler Netzwerke).

Die Ergebnisse der Gedächtnisforschung finden breite Anwendungsfelder: z.B. bei der Gestaltung und Optimierung intelligenter technischer Systeme, bei der Aufklärung von psychopathologischen Zustandsbildern (z.B. Amnesien) oder von Leistungen des Alltagsgedächtnisses bis hin zu altersabhängigen Trainingsmöglichkeiten des Gedächtnisses und der Beurteilung der Verläßlichkeit von Erinnerungen bzw. Augenzeugenberichten (false memories).

Ursprung des Gedächtnisbesitzes und Struktur des Gedächtnisses

Das Gedächtnis setzt sich zusammen aus dem Art- und dem Individualgedächtnis. Das Artgedächtnis umfaßt den Anteil vererbten Wissens (z.B. unbedingte Reflexe), das Individualgedächtnis den über individuelle Lernprozesse aufgebauten Wissensbesitz. Das Individualgedächtnis enthält Fakten und Fertigkeiten, die aus eigener Beobachtung und Erfahrung resultieren, sprachlich vermitteltes Wissen und Wissen, das durch kognitive Operationen erzeugt wird (kognitives Lernen und Denken). Basale Gedächtnisprozesse sind kognitive Operationen und Strategien, die die Encodierung (Einprägen), das Speichern (Behalten) und den Abruf (Erinnern, Wiedergabe) von Informationen beeinflussen (Informationsverarbeitung)

Gegenwärtig wird intensiv untersucht, welche Gedächtnisformen bzw. -arten unterscheidbar sind. Befunde stützen die Annahme, daß das Gedächtnis modular aufgebaut ist. Das historisch erste, differenziert ausgearbeitete Mehrspeichermodell des Gedächtnisses (modal model) geht auf Atkinson und Shiffrin (1968) zurück und basiert primär auf der Zeitdimension .

Es werden drei separate, permanent existierende Gedächtnissysteme unterschieden:

1) das Ultrakurzzeitgedächtnis (Sensory registers) für Informationen, die in den Rezeptorsystemen anliegen (modalitätsspezifische analoge Codierung; bewußtseinsunabhängig; große Speicherkapazität; kurze Haltedauer: z.B. 200-400 ms für visuelle und bis zu 4 s für akustische Information);

2) das Kurzzeitgedächtnis (STS) als bewußtseinsnaher Speicher (Kapazität ca. 7+/-2 chunks, die Informationsmenge pro chunk kann sehr groß sein und durch Übung weiter gesteigert werden; Behaltensdauer im Sekundenbereich; uni- (bevorzugt phonologische) und multimodale Codierung; Mustererkennung und selektive Aufmerksamkeit als notwendige Bestandteile der Codierungsprozesse; Wiederholung (rehearsal) und Konsolidierung der Information gelten als zentrale Funktion des Kurzzeitgedächtnisses; kontrollierte, elaborierte Verarbeitung und Zuweisung von Aufmerksamkeitsressourcen verlängern die Aufrechterhaltung der Aktivierung und befördern die Weiterleitung der Information zur unbefristeten Speicherung;

3) das Langzeitgedächtnis (LTS) das sich durch unbegrenzte Kapazität sowie Behaltensdauer und eine primär semantische Kodierung auszeichnet.

Nach dieser Modellidee wird aufgenommene Information in der angegebenen Systemreihenfolge verarbeitet. Dynamische Kontrollprozesse bearbeiten die jeweiligen Speicherinhalte und regeln den Informationsfluß zwischen den Speichern. Die Wahrscheinlichkeit des Informationstransfers ins Langzeitgedächtnis wird als Funktion der Verweilzeit im Kurzzeitgedächtnis angesehen. Daten zeigen jedoch, daß die Verarbeitungsspezifik bedeutsamer ist. Auch scheint die postulierte Abfolge diskreter Speicher kritisch.

Eine Weiterentwicklung hat zum Konzept des Arbeitsgedächtnisses geführt. Bislang werden drei Subsysteme postuliert und z.B. mit Doppelaufgaben-Anforderungen empirisch getestet (Baddeley, 1996):

1) Die phonologische Schleife (phonological loop), die sich aus dem phonologischen Speicher und dem artikulatorischen Kontrollprozeß zusammensetzt und der Aufbewahrung sprachlicher Information dient, 2) das visuell-räumliche Teilsystem (visuo-spatial sketchpad oder scratchpad), das aus dem what-System (Objektidentifikation, Musterverarbeitung) und dem where-System (Objektlokalisation im Raum) besteht; 3) die zentrale Exekutive (central executive), die als Instanz zur intentionalen Kontrolle der Aufmerksamkeit und mentaler Prozesse, als modalitätsunabhängiges Interface zwischen den Teilsystemen des Arbeitsgedächtnisses und dem Langzeitgedächtnis gilt und die Operationen der Teilsysteme kontrolliert bzw. koordiniert. Die Charakteristika der zentralen Exekutive sind ein aktueller Untersuchungsschwerpunkt.

Das Langzeitgedächtnis besteht ebenfalls aus mehreren Teilsystemen, deren Spezifik intensiv erforscht und z.T. kontrovers diskutiert wird. Eine oft benutzte Taxonomie stammt von Squire (1992,; s. Roth & Prinz, 1996). In diesem Modell wird zwischen deklarativem und nicht-deklarativem Gedächtnis differenziert. Das deklarative Gedächtnis speichert Ereignisse und Fakten, die meist verbalisierbar sind und mit bewußter Erinnerung einhergehen. Es wird in episodisches und semantisches Gedächtnis unterteilt. Während das episodische Gedächtnis Ereignisse in ihrem raum-zeitlichen autobiographischen Kontext speichert, enthält das semantische Gedächtnis Wissen über Wortbedeutungen, allgemeines Faktenwissen über die Realität. Als elementare Wissenseinheiten werden Begriffe und semantische Relationen angenommen, die auch komplexere Konfigurationen bilden (Schemata, Frames, Scripts). Fraglich ist, ob episodisches und semantisches Gedächtnis separate Gedächtnissysteme darstellen oder einem einheitlichen System zuzuordnen sind, das lediglich unter verschiedenen Umständen arbeitet. Das semantische Gedächtnis ist als Akkumulation vieler Episoden vorstellbar. Es repräsentiert jene Merkmale, die diesen Episoden gemeinsam sind (vgl. Baddeley, 1996). Im deklarativen Gedächtnis werden verschiedene Formate mentaler Repräsentationen angenommen: 1) Vorstellungen (mental images) als analoge, wahrnehmungsbasierte Form der Wissensrepräsentation, 2) Zeitstrings (temporal strings), als Kodierung der physikalisch bestimmten Abfolge von Ereignissen in Gestalt linearer Ordnungen, 3) Propositionen (propositions) als Kodierung der Bedeutung von Sachverhalten in amodaler Form. Dabei wird z.B. diskutiert, ob die Repräsentationsformate unabhängig und permanent existieren und ob Propositionen ein psychologisch angemessener Beschreibungsformalismus für amodale Repräsentationen sind.

Unter dem nicht-deklarativen oder prozeduralen Gedächtnis wird eine heterogene Klasse von Phänomenen zusammengefaßt. Ihnen gemeinsam ist, daß sie sich im Verhalten äußern und der bewußten, verbalisierbaren Erinnerung schwer zugänglich sind. Sie werden in Zusammenhang mit verschiedenen Lernprozessen, wie implizitem Lernen und Konditionierung, gebracht. Das können perzeptive, perzeptiv-motorische oder kognitive Fertigkeiten sein, d.h. Handlungen sowie Regeln und deren Anwendung. Sie zeichnen sich durch ihre Modalitäts- und Reaktionsspezifik, geringe Beeinflußbarkeit durch semantische Faktoren und durch ihre relative Isolation vom übrigen Wissenssystem aus.

Die Unterscheidbarkeit von deklarativem und nicht-deklarativem Gedächtnis wird durch neuropsychologische Befunde (Amnesien) gestützt: Verschiedene Informationsarten scheinen in verschiedenen Hirnarealen verarbeitet zu werden (Neurobiologie des Gedächtnisses). Allerdings gibt es keine 1:1 Zuordnung von Hirnarealen zu Funktionen. Aussagen über die Lokalisation gespeicherter Information tragen deshalb noch stark spekulativen Charakter. Auch die aktuell sehr intensiv diskutierten funktionellen Dissoziationen zwischen expliziten und impliziten Gedächtnisleistungen (deklaratives vs. nicht-deklaratives Gedächtnis) nach Hirnverletzungen sind kein zwingender Beleg für die Existenz multipler Gedächtnissysteme.

Gedächtnismodelle

Es gibt sehr zahlreiche Modellvorstellungen über Struktur und Funktion des Gedächtnisses. Ausgehend von der globalen Differenzierung verschiedener Wissensinhalte lassen sich drei Modellklassen unterscheiden:

1) Propositionale Repräsentationssysteme (assoziative, strukturierte und formal-logische) werden primär zur Abbildung des semantischen und episodischen Wissens genutzt. Zu dieser Kategorie zählen semantische Netze, Frames und Skripts. 2) Regelbasierte Repräsentationssysteme verknüpfen Annahmen über die Struktur des Gedächtnisses mit Annahmen über Verarbeitungsprozesse. Sie bestehen aus Datenspeicher (deklaratives Wissen), Regelspeicher (prozedurales Wissen) und Interpreter (Kontrollwissen). Produktionsysteme sind die bekannteste Form regelbasierter Systeme. Die ACT-Theorie läßt sich hier einordnen. 3) Analoge Repräsentationssysteme werden zur Abbildung des bildhaft-anschaulichen Wissens herangezogen. Viele Modellvorstellungen sind sog. hybride Repräsentationssysteme, d.h. sie enthalten Elemente verschiedener Klassen.

Diese psychologisch interpretierbaren Modellvorstellungen für die Struktur und Funktionsweise des Gedächtnisses sind zweifellos auf einer abstrakten Metaebene angesiedelt und entfernt von der biologischen Realität. Eine alternative Entwicklung liegt in Gestalt paralleler Gedächtnismodelle, auch neuronale oder konnektionistische Netze genannt, vor. Darin wird nichtsymbolische Information durch das autonome Zusammenwirken vieler Einheiten verarbeitet (Selbstorganisation). Die Verarbeitung erfolgt parallel, die Speicherung ist auf das System verteilt. In diesen Modellen gibt es also keine wohldefinierten Verarbeitungsstufen und keine Trennung von Speicher und Exekutive; Regeln sind nicht explizit repräsentiert. Die Diskussion um Vor- und Nachteile konnektionistischer Modelle gegenüber den klassischen symbolischen Modellen wird gegenwärtig vehement geführt.

Literatur

Albert, D. & Stapf, K.-H. (Hrsg.). (1996). Gedächtnis. Enzyklopädie der Psychologie (C/II/4). Göttingen: Hogrefe.

Atkinson, R.C. & Shiffrin, R.M. (1968). Human memory: A proposed system and its control processes. In K.W. Spence (ed.), The psychology of learning and motivation: advances in research and theory, Vol. 2 (pp. 89-195). New York: Academic Press.

Baddeley, A.D. (1996). Human memory. Theory and practice. Hillsdale, NJ: Erlbaum.

Markowitsch, H.J. (1998). Das Gedächtnis des Menschen. In E.P. Fischer (Hrsg.), Neue Horizonte 97/98. Gedächtnis und Erinnerung (S. 167-231). München: Piper.

Roth, G. & Prinz, W. (Hrsg.). (1996). Kopf-Arbeit. Gehirnfunktionen und kognitive Leistungen. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag.

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