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Psychologielexikon

Überarbeitete Ausgabe

Psychologielexikon

Alkoholismus

Autor
Autor:
Katharina Weinberger

«Warum trinkst du?» fragt der kleine Prinz in Saint-Exupe-rys Buch den Alkoholiker. «Weil ich mich schäme!» - «Und warum schämst du dich?» - «Weil ich trinke.» Hier ist der Teufelskreis des Alkoholismus klar verdeutlicht. Der Alkohol spendet Trost, statt die Probleme zu lösen; als Tröster unentbehrlich, wird er bald zum größten Problem des Trinkers. Man muß verschiedene Formen des Alkoholismus unterscheiden, die man nach E. M. Jellinek mit griechischen Buchstaben kennzeichnet: Alpha-Trinker schauen gern tief ins Glas, weil sie sich dann wohler fühlen, können aber aufhören, wenn sie wollen. Beta-Trinker trinken regelmäßig größere Mengen, entweder am Abend oder auch während der Arbeit. Sie können aufhören, wenn sie körperliche Schäden durch den Alkohol (Leberverfettung, Pankreasentzündung) feststellen. Gamma-Alkoholiker können das nicht mehr; ihre Stoffwechselvorgänge haben sich an die Alkoholzufuhr angepaßt, so daß sie an Entzugserscheinungen leiden, wenn sie nicht mehr trinken. Andererseits verlieren sie schon durch kleine Alkoholmengen jede Kontrolle über das eigene Trinken (daher die Gefahr der «guten Freunde», die «nur ein Gläschen» vorschlagen -der frühere Alkoholiker kann dann kaum seinen Vorsatz, nichts mehr zu trinken, aufrechterhalten, sondern bechert weiter, bis er am Boden liegt). Wie alle Süchtigen neigt der Alkoholiker dazu, sich selbst zu betrügen und seine Abhängigkeit zu verleugnen («Ich könnte jederzeit aufhören - aber was kann ich in dieser miesen beruflichen Situation anders als trinken?») und ein Drei-Personen-Drama zu gestalten, in dem es immer einen Retter, einen Verfolger und ein Opfer gibt. Der Alkoholkranke ist abwechselnd das Opfer («Ich bin zu schwach, um ohne Alkohol zu leben») oder der Verfolger («Eure ständige Kritik treibt mich zum Suff»). Den Retter spielen häufig der Ehepartner, die Eltern, später die Klinik, der Arzt, die Sozialarbeiterin. In der Behandlung des Alkoholismus ist es sehr wichtig, den Alkoholiker nicht in der Rolle des Opfers festzuhalten, indem der Therapeut den Part des Retters spielt, sondern die zugrundeliegende emotionale Unreife und soziale Angst zu bearbeiten, die durch die auffällige Symptomatik des Trinkens verdeckt werden.

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