Von Th.W. Adorno und seinen Mitarbeitern beschriebener Persönlichkeitstypus, der in den Auseinandersetzungen über die «antiautoritäre Erziehung» eine sehr wichtige Rolle spielte. Diese Erziehung richtete sich nämlich, zumindest wo man sich um eine wissenschaftliche Begründung bemühte, niemals gegen Autorität in ihrer sachbezogenen Form und auch nicht gegen das natürliche Vorbild des Erwachsenen in der Erziehung, sondern gegen die Produktion eines autoritären Charakters. Dieser zeichnet sich durch starres Festhalten an hergebrachten Normen und Werten aus, durch unterwürfige und unkritische Haltung gegenüber Mächtigen, die als absolute (nicht sachbezo-gen-begrenzte) Autoritäten anerkannt werden, verbunden mit Aggression gegen alle Menschen, die von den eigenen Werten abweichen. Es besteht eine enge Beziehung des autoritären Charakters zu rassischen Vorurteilen. Die autoritäre Persönlichkeit erlebt soziale Beziehungen grundsätzlich nach dem Modell oben-unten, stark--schwach, Führer-Gefolgschaft. Daher neigt sie auch zum «Radfahren»: Schwache werden verachtet, Starke bewundert. Die erziehungsbedingten Voraussetzungen dieser Persönlichkeitsentwicklung sind vor allem in einem «Brechen des Willens» beim Kind zu sehen, das in einer Situation, in der die Macht der Eltern alles, die eigenen Wünsche nichts gelten, sich mit dem Angreifer identifiziert (Identifikation). Die gegen die mächtigen Eltern, später gegen die mächtigen Vertreter der amtlichen Macht (Polizei, Militär) nicht möglichen Aggressionen und Phantasien werden durch Projektion abgewehrt. Die autoritäre Persönlichkeit glaubt sich durch Minderheiten, die sie als schwach ablehnt, verfolgt und bedroht (wie die Machthaber und Mitläufer des Dritten Reichs durch die Juden). Zugleich beschäftigt sie sich intensiv mit der «sexuellen Verworfenheit» solcher Minderheiten. Die eigene moralische Überlegenheit dient dann der Rationalisierung heftiger und oft brutaler Aggressionen gegen diese Sündenbök-ke. Auf diese Weise bleiben die Mächtigen, denen diese Aggressionen ursprünglich galten, verschont und können weiterhin idealisiert werden.
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