klassische sozialpsychologische Theorie, die von der Grundannahme ausgeht, daß Personen bestrebt sind, unangenehmen Zuständen der Spannung (Dissonanz) auszuweichen, die z.B. entsteht, wenn zwei Kognitionen (Überzeugungen, Gedankengänge, Meinungen, Werthaltungen, Einstellungen) im Widerspruch stehen oder wenn Kognitionen und tatsächliches Handeln unvereinbar ist. Aus Sicht der Dissonanztheorie strebt jeder Mensch danach, Gleichgewicht und Widerspruchsfreiheit in seinem Glaubens- und Gedankensystem zu haben - mit der Folge, daß Menschen jegliches Verhalten und Entscheiden zu rechtfertigen versuchen und sie hierzu oft ihre Einstellung ihrem Verhalten anpassen.
Ein möglicher Weg der Spannungsreduktion besteht in der Änderung einer der beiden Kognitionen oder in der Änderung von Kognition in Richtung Verhalten bzw. Änderung des Verhaltens in Richtung Kognition. Ein klassisches Beispiel stellt das Rauchen dar. Raucher haben häufig einerseits die Kognition "Ich rauche gern", andererseits aber auch die Kognition "Rauchen ist gesundheitsschädlich". Die aus diesem Widerspruch sich ergebende Dissonanz können Raucher reduzieren, indem sie die Bedeutung der dissonanten Kognition abwerten, so z.B. sich sagen, daß Gesundheit keinen so zentralen Wert darstellt, oder indem sie die dissonante Kognition ändern, so z.B. sich vormachen, daß die gesundheitsschädigende Wirkung des Rauchens noch nicht eindeutig nachgewiesen sei.
Gedankliche Spannungen entstehen vor allem auch nach gefällten Entscheidungen: Wäre die Alternative (Auto, Wohnung, Partner, Beruf), gegen die wir uns entschieden haben, nicht doch die bessere gewesen? Die oft quälenden Zweifel lassen sich verringern, indem die Nachteile der nicht-gewählten Alternative und die Vorteile der gewählten Objekte oder Personen stark in den Vordergurnd gerückt werden. Den Mechanismus der Dissonanztheorie nutzen verschiedene Beeinflussungsmethoden, wie z.B. die Fuß-in-der-Tür-Technik (Commitment).
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