lassen sich nach dem Erkenntnisziel unterscheiden.
1) Das Erkundungsexperiment kommt dem alltäglichen Gebrauch von "Experimentieren" im Sinne von "Erproben" nahe: Sein Ziel besteht wie bei einer "Pilot-Studie" oder einem Vorversuch in der Untersuchung empirischer, z.B. apparativer Bedingungen für ein folgendes Experiment oder der Erkundung der Verhaltensformen und -möglichkeiten der zu untersuchenden Probandengruppe. Die Befunde dienen der Formulierung präziser empirischer Hypothesen für künftige Experimente.
2) Mit einem Methodenexperiment wird typischerweise die Abbildungsgüte oder Repräsentativität einer mathematischen Modellierungsmethode, eines Verfahrens zur operationalen Definition experimenteller Bedingungen oder zur Messung von Verhaltensmaßen geprüft. Der Experimentator "weiß, was herauskommen muß" - eine bestimmte mathematische Lösung (z.B. eine vorher definierte Anzahl von Faktoren) oder die Anzeige manipulativ herbeigeführter Reaktionen (z.B. Luftstoß zur Provokation eines Lidschlags) - und prüft im Experiment, unter welchen Bedingungen zutreffende oder erwartungswidrige Befunde resultieren.
3) Im Anwendungsexperiment findet die kontrollierte Übertragung des im Labor untersuchten Sachverhalts statt - Interventionstechniken in der Klinischen, der Pädagogischen oder der Arbeits- und Organisationspsychologie sind kontrollierte Veränderungen der Realität, deren Effekt unter den komplexen Bedingungen außerhalb des Labors analysiert wird. Dabei wird der Ablauf des Vorhabens ständig kontrolliert, um bei interventionsbedingten Fehlentwicklungen des untersuchten Systems unmittelbar eingreifen zu können - ein insofern substantieller Unterschied zum Experiment, als der Experimentator hier seine Beobachterrolle aufgibt und in den Prozess eingreift.
4) Das Entscheidungsexperiment ("experimentum crucis") ist theoretisch von besonderem Wert: Es dient der Entscheidung zwischen konkurrierenden Hypothesen oder Theorien, die für den vorliegenden Versuch in der Regel voneinander abweichende oder entgegengesezte Ergebnisvorhersagen machen. Aufgrund des Befundes gilt die überlegene Vorhersage als "bewährt" (Popper, 1994); dies führt zur Modifikation der vorhandenen Theorie und veranlaßt neue Untersuchungen.
5) Unter einem Labor-Experiment versteht man ein Experiment, das unter den besonders gut kontrollierbaren Bedingungen eines eigens hierzu hergerichteten Raumes, im Labor, stattfindet. Hier besteht die Möglichkeit, Störvariablen zu eliminieren (Licht, Lärm), den Versuch gegen ihren Einfluß abzuschirmen oder sie in ihrer Wirkung konstant zu halten und dadurch zu neutralisieren. Diese Kontrolltechniken dienen der ceteris-paribus-Klausel; sie sichern die interne Validität des Experiments. Im Labor können mit Hilfe geeigneter technischer Hilfsmittel exakte Reizdarbietungen und Messungen vorgenommen werden, so daß die Zuverlässigkeit der Variablenisolation, der Bedingungsvariation und der Datenerhebung stets überprüfbar sind und somit die Replikabilität gewährleistet ist.
6) Im Feld-Experiment ist die weitgehende Bedingungskontrolle des Labors nicht möglich, sie ist aufgrund des untersuchten Phänomens im Labor nicht realisierbar oder - im Anwendungsexperiment - nicht erwünscht. Bedingungsinteraktionen und "situationsrepräsentative" Kovariationen werden wirksam, die im Laborexperiment ausgeschlossen sind; darüber hinaus ist es möglich, die Entwicklung von Effekten über längere Zeiträume zu verfolgen. Bei angewandt-psychologischen Fragestellungen, die komplexe Interventionen systematisch studieren und evaluieren, werden auf der Grundlage spezieller Versuchspläne - z.B. Solomon-Plänen - umfassende Wirkungsanalysen einschließlich der Kontrolle von Interaktionen und möglichen Artefakten durchgeführt (Cook & Campbell, 1979). Feldexperimente sind daher in psychologischen Anwendungsfeldern dringend zu fordern. Aufgrund größerer Lebensnähe der Untersuchungssituation, ihrer "praktischen" Bedeutung sowie der häufig geringeren Reaktivität seitens der Probanden ist mit einer größeren ökologischen Validität der Befunde zu rechnen - allerdings zu Lasten der Vergleichbarkeit der verschiedenen experimentellen Bedingungen im Sinne der ceteris-paribus-Klausel.
Literatur
Cook, T.D. & Campbell, D.T. (1979). Quasi-experimentation: Design and analysis issues for field settings. Chicago: Rand McNally.
Popper, K.R. (1994). Logik der Forschung (10., verbesserte u. vermehrte Auflage). Tübingen: Mohr.
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