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Psychologielexikon

Überarbeitete Ausgabe

Psychologielexikon

Insomnie

Autor
Autor:
Sonja Margarethe Amstetter

im eigentlichen Wortsinn "komplette Schlaflosigkeit". Im klinischen Sprachgebrauch werden darunter Störungen des Ein- und Durchschlafens, frühmorgendliches Erwachen und damit assoziierte Beeinträchtigungen der Tagesbefindlichkeit wie etwa Konzentrations- und Leistungsstörungen verstanden. In westlichen Industrienationen leiden etwa 20 % der Bevölkerung an einer Insomnie mit einer Störung des Nachtschlafes und daraus resultierenden Beeinträchtigungen des Befindens tagsüber. Die Ursachen für Insomnien können im organischen und psychiatrischen Bereich liegen sowie eine Folge der Einnahme von psychoaktiv wirksamen Substanzen sein, die den Schlaf stören. Zudem gibt es die sogenannte primäre Insomnie, bei der weder eine organische noch psychiatrische Verursachung zugrunde liegt, sondern ein spezifisches psychophysiologisches Bedingungsgefüge. Dieses ist charakterisiert durch eine Interaktion zwischen "Arousal", d.h. erhöhter Anspannung auf physiologischer, kognitiver oder emotionaler Ebene mit Faktoren wie maladaptiven Schlafgewohnheiten, negativen Kognitionen bezüglich des Schlafes und daraus resultierenden Einschränkungen der Lebensqualität.

In der Diagnostik von Insomnien muß zuerst besonderer Wert auf die Erfassung möglicher organischer Ursachen, insbesondere auf die Untersuchung der Schilddrüsenparameter zu denken. Zudem sollte in der Anamneseerhebung auf eine mögliche schlafspezifische organische Verursachung durch das Restless-legs-Syndrom geachtet werden, das meist mit nächtlichen periodischen Myoklonien verknüpft ist. Dabei handelt es sich um eine neurologische Störung, die mit einem Unruhegefühl in den Beinen einhergeht, das den Schlafprozeß stört. Im psychiatrischen Bereich ist vorrangig eine Verursachung durch depressive Erkrankungen (Depression) möglich. Erst nach Ausschluß organischer oder psychiatrischer Faktoren kann eine primäre/psychophysiologische Insomnie diagnostiziert werden. Generell sollten in der Insomniediagnostik Schlaftagebücher verwendet werden, die der Patient selbst ausfüllt und in die er über Zeiträume von 7 - 14 Tagen einträgt, wie seine Schlafqualität ist, welche Medikamente oder Alkohol er eingenommen hat und welche relevanten Tagesereignisse aufgetreten sind. Eine Untersuchung im Schlaflabor ist nur bei chronisch Therapie-refraktären Insomnien indiziert.

Die Behandlung von Insomnien sollte sich an der Ursache orientieren und nicht am Symptom, d.h. nicht in jedem Fall sollte eine hypnotische Behandlung mit Schlafmitteln bzw. eine spezifische auf den Schlaf zugeschnittene Verhaltenstherapie erfolgen. Bei organischen Insomnien ist davon auszugehen, daß eine suffiziente Behandlung der Grunderkrankung auch zum Sistieren der Insomnie führt. Beim sogenannten Restless-legs-Syndrom sind in der Regel Dopamin-Agonisten indiziert, die die Symptomatik deutlich mindern. Bei einer psychiatrischen Insomnie muß durch für die entsprechende Störung spezifische pharmakologische und psychotherapeutische Maßnahmen versucht werden, die Grunderkrankung anzugehen. Bei primären, psychophysiologischen Insomnien haben sich verhaltenstherapeutische Techniken am meisten bewährt, z.B. verschiedenen Entspannungstechniken, die Vermittlung der Regeln der Schlafhygiene, die Strukturierung des Schlaf-Wach-Rhythmus, Schlafrestriktion, Stimuluskontrolle und spezifische kognitive Techniken (Kognitive Therapie) zur Reduktion nächtlicher Grübeleien.


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