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Psychologielexikon

Überarbeitete Ausgabe

Psychologielexikon

Selbstwertmanagement

Autor
Autor:
Irene Roubicek-Solms

Bezeichnung für die Bemühungen eines Menschen, einen positiven Selbstwert herstellen, aufrechterhalten, verteidigen und ausbauen zu können. Entsprechende Strategien des selbstwertdienlichen Verhaltens sind Gegenstand unzähliger Studien in verschiedenen Disziplinen der Psychologie. Mehrere Untersuchungen belegen, daß ein positiver Selbstwert im allgemeinen mit positiven Konsequenzen für die psychische und wohl auch physische Gesundheit einer Person verbunden ist. Das Selbstwertmanagement richtet sich ebenso auf den privaten Selbstwert (die Bewertung der Person durch sie selbst) wie auf den öffentlichen Selbstwert, also die Bewertung derselben Person durch andere. Doch nicht nur das Individuum, sondern auch Gruppenmitgliedschaften können zum Gegenstand selbstwertdienlicher Strategien werden (individueller vs. kollektiver Selbstwert). Die Person bemüht sich in diesem Falle, einen zufriedenstellenden Selbstwert über eine positive Bewertung ihrer eigenen Gruppe zu erzeugen. Schließlich ist zu berücksichtigen, inwieweit es um einen eher spezifischen oder globalen Selbstwert geht.

In der Forschung werden mehr als zwei Dutzend Strategien des selbstwertdienlichen Verhaltens analysiert. Zu unterscheiden sind dabei drei Gruppen von Strategien:

1) Die prozeßorientierten Strategien richten sich unmittelbar auf den Prozeß der Bewertung, der einem Selbstwert zugrunde liegt. Bewertungen können als Vergleichsprozeß beschrieben werden, bei dem die zu bewertende Person (Subjekt) mit einer anderen sozialen Kategorie (Objekt) im Hinblick auf einen bestimmten Inhalt (Dimension) und unter einem temporalen Bezugsrahmen (Zeit) verglichen wird. An jedem dieser vier Vergleichsparameter kann ein selbstwertdienliches Verhalten ansetzen. So mag z.B. auch ein leistungsschwacher Schüler zu einem positiven Selbstwert gelangen, wenn er sich vornehmlich mit solchen Schülern vergleicht, die noch schlechtere Leistungen erbringen als er selbst (Objekt), er statt der Leistungen seine Beliebtheit in der Schulklasse in den Vordergrund stellt (Vergleichsdimension), eine positive Entwicklung seiner Leistungsfähigkeit antizipiert (Zeit) oder statt seiner individuellen die kollektiven Leistungen seiner Arbeitsgruppe in das Zentrum der Selbstbewertung rückt (Subjekt).

2) Ergebnisorientierte Strategien beziehen sich direkt auf das Ergebnis des Vergleiches. Hierzu zählt etwa das Zurückweisen einer persönlichen Verantwortung für ungünstige Vergleichsergebnisse (externale Attribution) oder die Hervorhebung der Einzigartigkeit positiver Ergebnisse (false uniqueness).

3) Beobachterorientierte Strategien werden relevant, wenn Bewertungen aus der sozialen Umwelt an die bewertete Person herangetragen werden. Neben den Möglichkeiten der vorteilhaften Selbstdarstellung (Impression Management) gibt es z.B. die Option, ungünstigen Bewertungen dadurch zu begegnen, daß die Qualifikation des Urteilenden in Abrede gestellt wird.

Der Erfolg des Selbstwertmanagements hängt davon ab, inwieweit die (oft automatisiert) eingesetzten Strategien den Spezifika der konkreten Bewertungssituation (objektive Bewertungsgrundlagen, sozialer Konsens hinsichtlich der Beurteilung etc.) Rechnung tragen. Selbstwertdienliches Verhalten führt leicht zu sozialen Konflikten, wenn die Bewertung der eigenen Person über eine Abwertung anderer Menschen erfolgt.

Literatur

Kanning, U.P. (2000). Selbstwertmanagement. Die Psychologie des selbstwertdienlichen Verhaltens. Göttingen: Hogrefe.


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