die glatte, glänzende Fläche, die uns unser eigenes Bild vorhalten kann. Die Begegnung mit dem lebendigen Abbild der eigenen Person löst den Eindruck aus, als träte man sich selbst wie einem Fremden gegenüber. Man mag sein Spiegelbild lieben und sich so in seinem N arzißmus bestätigt fühlen. Es kann aber auch zur Selbstkritik, ja zur Selbstverachtung verleiten. Die scheinbare Entfernung und die Seitenverkehrtheit ist mit dem Gefühl der Entfremdung verbunden. Aus dieser Erfahrung kommt wohl die Faszination, die von der Vorstellung eines Doppelgängers ausgeht. Das Spiegelbild veranschaulicht die unterschiedlichen Möglichkeiten des eigenen Wesens. Es ist, als läge in ihm ein anderes Ich, das oft sogar als das wahre, geheime Ich empfunden wird. Entsprechend erzählt das Märchen, daß der Böse dem Menschen mit seinem Spiegelbild (oder seinem Schatten) die Seele rauben könne. Früher wurden nach einem Trauerfall alle Spiegel verhängt, weil man nicht daran erinnert werden wollte, daß man den geliebten Toten überlebt hat. Aber was der Spiegel zeigt, ist nur ein flüchtiger Schein. Dessen Ähnlichkeit mit der Realität legt den Gedanken nahe, die äußere Wirklichkeit selbst sei nur ein Schein.
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