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Psychologielexikon

Überarbeitete Ausgabe

Psychologielexikon

Toleranz

Autor
Autor:
Anneliese Widmann-Kramer

ist die Bereitschaft, auch andere Auffassungen und Verhaltensweisen zu dulden, als sie für den Durchschnitt oder für die eigene Lebensform gelten. Sie setzt voraus, daß man sich in andere Menschen und ihre Lebensbedingungen einfühlen kann. Im allgemeinen wächst sie mit der Erfahrung. Unduldsamkeit ist zugleich mit einer Art Unsicherheit gekoppelt, als könnte eine andere Lebensform die eigenen Regeln infrage stellen und dazu verführen, aus ihnen auszubrechen. In einem anderen Zusammenhang heißt »Toleranz« die Fähigkeit, Versagungen und Enttäuschungen (Frustration) oder Kränkungen zu ertragen. Sie ist an eine innere Kraft gebunden, die trotz solcher Rückschläge erhalten bleibt, sodaß die seelischen Wunden wieder heilen können. Die Toleranz-Bereitschaft in diesem Sinne wird durch eine Erziehunggestärkt, die dem Kinde früh ein Selbstwertgefühl vermittelt. Sie wird behindert, wenn ein Kind entweder ständig durch Verbote und Vorwürfe verunsichert oder wenn es in einem Klima der Verwöhnung nie der rauhen Wirklichkeit ausgesetzt wird, die den Menschen eines Tages erwartet. Keine Toleranz ist absolut. Für jeden Menschen gibt es eine Toleranz-Schwelle. Jede Herausforderung darüber hinaus wird ihn ernstlich verstören. Auch als starres Gebot der Moral ist die Forderung nach Tole ranz nicht brauchbar. Wer alles zu dulden bereit wäre, würde nichts mehr für wert halten können.Soziale Einstellungen und Verhaltensweisen eines Menschen, die keinen Anstoß an Werten und Meinungen anderer Menschen (etwa Minderheiten anderer Rasse oder Religion) nehmen. Manchmal wird Toleranz auch als Einstellung aufgefaßt, die über die bloße Duldung des Andersartigen hinaus dagegen kämpft, daß andere Menschen sich intolerant (= nicht tolerant) verhalten und unterdrücken, was nicht in ihre Normen paßt. Ein Mangel an Toleranz gehört zu den Eigenschaften der autoritären Persönlichkeit.

Bei den ¦+ Psychopharmaka oder bestimmten Suchtmitteln (Drogenabhängigkeit) bedeutet Toleranz, daß ein Mittel (etwa Morphium) im Zug der Gewöhnung an seine Wirkung in immer größeren Gaben ohne Reaktion vertragen wird.

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