relativ homogene und deskriptiv unterscheidbare Ausprägungsformen von Erzieherverhalten mit unterschiedlichen Auswirkungen auf so erzogene Kinder/Jugendliche. In der Erziehungswissenschaft wurden Erziehungsstile zunächst als globale Typologien im Sinne von Idealtypen konstruiert und entweder als heuristische Hilfsmittel zur Klassifikation des Erzieherverhaltens verstanden oder als normativ-pädagogische Postulate. Auch zu Beginn der empirischen Erziehungsstilforschung ging man zunächst von globalen Typologien aus, die entweder theoretisch konzipiert und anschließend empirisch überprüft wurden (deduktiver Ansatz), oder die man aus Beobachtungen des realen Erzieherverhaltens durch hermeneutische Gruppierung zu gewinnen suchte (induktiver Ansatz). So unterschied man z.B. einen autokratischen/dominanten, demokratischen/sozial-integrativen und einen Laissez-faire-Stil. Im Verlauf der letzten drei Jahrzehnte wurden in der erziehungspsychologischen Forschung verschiedene Strategien einer empirischen Klassifikation des Erzieherverhaltens eingesetzt (Herrmann, 1974; Nickel, 1983). Zum einen gruppierte man mittels Faktorenanalysen solche Merkmale, die eine überzufällig große gemeinsame Varianz aufwiesen, zu unabhängigen Verhaltensdimensionen im Sinne von Erziehungsstilen. Dabei traten in Untersuchungen unter verschiedenen Bedingungen und in unterschiedlichen Erziehungsbereichen einige Dimensionen immer wieder auf, so daß ihnen eine grundsätzliche Bedeutung zuzukommen scheint: Zuwendung vs. Distanz, Strenge vs. Unterstützung, Autonomie vs. Kontrolle, Anregung und Ermutigung sowie Echtheit des Verhaltens (Nickel, 1983). Zum anderen wurden die Erziehungspersonen selbst mittels Clusteranalysen zu solchen Gruppen bzw. Typen zusammengefaßt, die sich voneinander signifikant unterscheiden, innerhalb der einzelnen Gruppen aber hohe Verhaltensähnlichkeit aufweisen. In der neueren Forschung wird besonders auch der Umstand berücksichtigt, daß Erziehungsstile durch die jeweiligen ökologischen Settings wesentlich moderiert werden. Dabei ist auch der wechselseitige Einfluß der Persönlichkeit der Erziehungspartner (Erziehungspartnerschaft) zu berücksichtigen. Durch solche komplexen Analysen ermöglicht die Erziehungsstilforschung nicht nur eine differenziertere Beschreibung unterschiedlicher erzieherischer Verhaltensformen und ihrer Auswirkungen auf Educanden, sondern sie kann auch wichtige Hinweise für gezielte Interventionsmaßnahmen geben (Verhaltensmodifikation, Familie, Erzieher-/Lehrertraining).
Literatur
Herrmann, Th. (1974), Psychologie der Erziehungsstile (4. Aufl.). Göttingen: Hogrefe.
Nickel, H. (1983). Beziehungen zwischen Lehrer- und Schülerverhalten. In H. Kury & L. Lerchenmüller (Hrsg.), Schule, psychische Probleme und sozialabweichendes Verhalten (S. 131-186). Köln: Heymanns.
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