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Psychologielexikon

Überarbeitete Ausgabe

Psychologielexikon

Nachahmung

Autor
Autor:
Klaus-Dieter Zumbeck

die ungewollte oder absichtliche Übernahme von Formen und Verhaltensweisen der Umwelt. Ein Teil unserer Sprache entsteht durch Nachbildung von Lauten, die wir in der Natur wahrnehmen, so bei Wörtern wie »schrill« oder Namen wie »Kuckuck«. Die Sehnsucht des Menschen nach dem Fliegen wurde von der Fähigkeit der Vögel geweckt, denen wir ihre Bewegungen abgeguckt haben. Diese Art des Einflusses der außermenschlichen Umwelt verführte zu dem Glauben, daß wir sie geradeso zur Nachahmung unseres Verhaltens veranlassen könnten: dies ist eines der Prinzipien der Magie. Doch der wichtige Bereich der Nachahmung liegt in der Anpassung des Einzelnen an die Mitmenschen, zwischen denen er lebt. In der Entwicklung des Kindes ist das Beispiel der Eltern, Lehrer und anderer Erwachsener bedeutsamer als die deklarierten Verbote und Gebote der Erziehung. Dabei geht es weniger um das Vorbild, das man den Kindern vor Augen stellen will, als um das Verhalten, das man ihnen tatsächlich zeigt. Es ist zum großen Teil eingebettet in die Traditionen und Gewohnheiten der jeweiligen Kultur und Gesellschaft oder der besonderen sozialen Schicht. Von überallher werden solche Bei spiele angeboten. Wenn sie einigermaßen übereinstimmen, wird der Hang zur Nachahmung verstärkt; wenn sie stark voneinander abweichen, entsteht Unsicherheit. Deshalb ist die Bereitschaft zur Nachahmung größer in einer Gruppe oder gar in der Masse. Dort folgen die Einzelnen ja nicht nur dem Beispiel einer übergeordneten Autorität, sondern tun zugleich, was alle um sie her tun. Hier ahmt man nach, nicht weil etwas richtig wäre, sondern weil es in dieser Gemeinschaft als richtig gilt. Viele Nachahmungen indessen folgen einer Gewohnheit, die sich als praktisch erwiesen hat, mindestens solange alle anderen sie auch akzeptieren. Andere Beispiele von nahen Mitmenschen lösen einen Reiz aus, dem wir fast automatisch erliegen. Sehr auffallend ist die Ansteckung durch Gähnen und Lachen. Hier befreit uns das Beispiel der anderen von Hemmungen, die uns als Einzelnen auferlegt sind. Viele NachahmungsProzesse in einer Masse sind ähnlich zu verstehen, nämlich als Erlaubnis zu ungewöhnlichem Verhalten, die das Beispiel erteilt.Willkürliches oder unwillkürliches Geschehen, bei dem Verhaltensweisen eines anderen Menschen übernommen werden. Nachahmung ist bereits bei Affen ein wichtiger Weg, auf dem soziale Verhaltensweisen erworben werden; man spricht daher auch abschätzig von «nachäffen», ohne die große Bedeutung dieser Fähigkeit (Identifizierung) für die menschliche Entwicklung zu verstehen. Nachahmung dürfte auch die am häufigsten vorliegende Grundlage des Erwerbs sozialer Fertigkeiten beim Menschen sein (Lernen). Bei kleinen Kindern ist die Nachahmung oft noch unabsichtlich. Sie führen oft Bewegungen aus, die ihnen vorgemacht werden, auch wenn diese keinen erkennbaren Sinn für sie haben. Im späteren Leben wird die Nachahmung bewußt eingesetzt, wie zum Beispiel im Erlernen von Sportarten.

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