überlieferte Verhaltensregeln, die meist nicht ausdrücklich formuliert sind. Sie umfassen nahezu alle Lebensbereiche und wirken noch dort nach, wo man nur mit eng Vertrauten zusammen oder sogar mit sich allein ist. Die Verletzung dieser ungeschriebenen Gebote wird zunächst mit der Mißachtung der Mitmenschen, im Extremfall mit dem Ausschluß aus der Gemeinschaft bedroht (Ächtung). Die Gefahr des Liebesentzuges erlebt das Kind, wenn es den Geboten und Verboten der Eltern zuwiderhandelt. Diese Erfahrung wird verinnerlicht; die Moral wird in das eigene Gewissen aufgenommen. Später überwacht das Über-Ich ihre Einhaltung auch dann, wenn sie von der Umwelt nicht mehr kontrolliert werden könnte. Doch während man unter Moral oder Sittlichkeit meist Idealforderungen der Triebunterdrückung versteht, die sich so nie ganz durchsetzen ließen, sehen die Sitten auch eine Regelung oder doch (stillschweigende) Duldung von Ausnahmen vor. Hierher gehören die Entlastungssitten, die dazu dienen, den Druck der sonst üblichen Vorschriften zu mildern. Dennoch klaffen die Verhaltensweisen, die tatsächlich Brauch sind, und die Sitten, zu denen man sich bekennt, oft weit au seinander. Die Beziehung der Sitten zur Tradi tion hat sich mehr und mehr gelockert. Die Bräuche bis hin zu schnell wechselnden Moden werden heute eher durch die Einflüsse der Massenmedien bestimmt als durch eine religiös oder sonstwie weltanschaulich fundierte Überlieferung.
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